Musiktheorie und das rechte Maß...

  • Ersteller FeldFunker
  • Erstellt am
FeldFunker

FeldFunker

Registriert
12.08.04
Beiträge
234
Reaktionen
0
Punkte
325
Nun isses soweit - ich hab eingesehen, das Basiswissen und Noten auf gut Glück in der [g=32]MIDI[/g]-Rolle verschieben bis mir die Ohren platzen nicht mehr reichen, neue Ausdrucksmöglichkeiten müssen her. Ergo: Literaturliste für Musik-Erstsemester erstanden, immer mehr Bücher gekauft, mit Kontrapunkten das Hirn verstopft - und da kommen dann plötzlich die Freunde um die Ecke, die den neuen super-spezial-musiktheoretisch-ausgefuchsten Song hören sollen, und kreischen: "Jo, ganz net, aber so akademisch, Deine anderen Sachen fand ich besser". Aua.

Wie findet man das richtige Maß aus dem spontanen Dillentantismus und "Wissen-was-man-tut"? Sollte man sich selbst eine Ohrfeige geben, wenn man ne Melodie hat, die man schön findet, und sich dann selbst sagt "Neeeee, das C# an der Stelle kannste so aber net machen, ausserdem: allet viel zu modal"?

Wie haltet ihr das, wieviel Theorie ist nötig, ab wann wird's hinderlich - oder, wie verhindert man, das man sich durch Theorie selbst blockiert?
 
ich sags mal so:

Bei meiner ersten Idee zu einem Song spielt Theorie keinerlei Rolle. Ich krieg ein cooles Riff vom kopf in die Finger und bin zufrieden. FRÜHESTENS beim Übergang in ein neues Riff denke ich darüber nach, was denn passen könnte. Oder wenn ich zwei Parts hab, die gut sind aber noch nicht so recht zusammenpassen, denke ich auch mal darüber nach, wie ich nach Regeln der Harmonielehre die Übergänge, Intervalle und was sonst noch fürn Gedöns aufeinander abstimmen kann.

Also ist die grundliegende Musik bei mir die "Gefühlssache" und die Feinarbeit an Details wie Übergängen und harmonische Abstimmung ist die Kopfsache dabei.

Ich merks immer selber, dass eine Idee von Grund auf nix wird, wenn ich mich zu sehr auf die Theorie versteife. Kommt der Ansatz nicht von selbst, kann ich auch nix mit Wissen retten.

Ich hoffe, das hilft dir was ;)

Gruß,
Psy
 
Grüße.

ich schließe mich meinem vorredner an. ich schreibe einen song aus dem bauch heraus, bzw. ich konstruiere das, was ich im hirn habe. dabei denke ich nicht an e und a und c# und bla bla bla, sondern: rockt das, oder rockt das nicht?

musiktheorie setze ich erst bei bestimmten begleitungen ein (da spiele ich e, dann will ich hier ein q ;) ), und bei der fehlerbehebung. (simples beispiel: warum klingen [g=118]bass[/g] und gitarre so dissonant? ah, ich spiele e auf der gitarre, aber d auf dem [g=118]bass[/g]! saublöd, ich weiß, aber zumindest einigermaßen verständlich.)


Der Gruß

InSomnius
 
Theorie für die Wissenschaftler - Musik für die Musiker.
 
OldWise schrieb:
Theorie für die Wissenschaftler - Musik für die Musiker.

Sorry, aber das kann man so nicht stehen lassen.
Schon gar nicht im Zusammenhang mit dem, was Psycholator schrieb:

Bei meiner ersten Idee zu einem Song spielt Theorie keinerlei Rolle.

Sorry, aber das ist Quatsch!

Man verlässt sich auf den Bauch? Man überlegt, ob es rockt, oder nicht?

Aber was heisst das denn genau?
Wonach geht denn der Bauch?
Wonach richtet sich denn unser Gefühl?

Richtig:
Das innere Ohr ist geeicht... und zwar auf das europäische Tonsystem, auf tonale Zusammenhänge zwischen [g=251]Dur[/g] und Moll.
Schon hinter einem simplen Powerchord auf der Gitarre steckt Theorie... und zwar eine Menge.
Und wenn mehrere Powerchords zusammen passen, gibt es unabhängig vom subjektiven Empfinden, dafür eine musiktheoretische Erklärung.

Wenn Psycholator völlig ohne Theorie spielen würde, käme da zu über 80% atonale Musik heraus.
Dass er vielleicht nicht auf die Theorie achten will, kann sein... er (bzw. sein Ohr) tut es eben trotzdem, nur vielleicht nicht bewusst.

Und wie wäre es nun, wenn man das, was man gut findet auch noch versteht?
Wie wäre es, wenn man versteht, was seine Finger tun und ihnen mit einer Erweiterung dieses Verständnisses wieder völlig neue Impulse geben kann?
Gut, ne? :D

Ein musiktheoretischer Unterbau kann nie schaden und ist für ein solides und immer wieder innovatives Kompositionshandwerk einfach unerlässlich.

Grüße

Markus
 
ich glaube er meinte mit Theorie etwas anderes. Ich denke er meinte mit Theorie, dass man sich vorher überlegt wie man einen Song aufbaut, Instrumentalisiert, arrangiert, ect. ...

Menschen wie ich, tun das nicht. Bei uns entsteht ein Song aus dem Bauch heraus: hören und fühlen ... jetzt muss das kommen !

Klar hast du recht. Unser Gefühl ist auf individuelle Musikstile bzw. Richtungen geeicht, dass hat aber nichts mit Theorie zun tun, sondern mit Kultur.
 
@oldwise

Ja, aber die Kultur beeinflusst nur die theoretischen Grundlagen.
Zwischen Metal und Reggae gibt es ja Unterschiede, aber die sind musiktheoretisch erfassbar und anwendbar.
Woher diese Unterschiede kulturell kommen, ist eine ganz andere Frage.

Fakt ist, dass das Verstehen der eigenen Musikalität (Stil, Fähigkeiten, theoretischer Hintergrund) auf Dauer zu einem sicheren und vor allem innovativeren Kompositionsstil führt.

Grüße

Markus
 
Fakt ist, dass das Verstehen der eigenen Musikalität (Stil, Fähigkeiten, theoretischer Hintergrund) auf Dauer zu einem sicheren und vor allem innovativeren Kompositionsstil führt.
"Sicherer" vielleicht, aber innovativer wohl eher nicht.
Gerade Musiker, die eine umfangreiche musiktheorethische Ausbildung besitzen, wandeln oft auf eher konventionellen Pfaden (s. die aktuellen Progrock-Bands, die oft eigentlich nur klassischen Metal spielen, wenn auch auf spielerisch hohem Niveau).

Grüße
Cos
 
richtig. ich persönlich vertrete die Meinung, dass Theorie oft mehr einschränkt als möglichkeiten aufzeigt. aber da kann man geteilter Meinung sein. ich hatte schon letztens eine hitzige Diskussion drüber. ;)

ich finde, dass es gut ist, dass es leute gibt die es einfach nur tun und leute, die darüber nachdenken warum!
 
Was man aus dem theoretischen Wissen macht, ist wieder etwas anderes.

Wenn Du da schlechte Beispiele kennst, tut es mir leid.

Trotzdem stammen die wirklich "großen", ausgefeilten und innovativen Kompositionen von Leuten, die sich intensiv mit der Materie beschäftigt haben.

Mir fällt spontan keine dieser Kompositionen ein, die ein musiktheoretisch Unwissender geschrieben hätte.

Grüße

Markus
 
OldWise schrieb:
...ich finde, dass es gut ist, dass es leute gibt die es einfach nur tun und leute, die darüber nachdenken warum!

Und am weitesten kommen die Leute, die beides können. :)

Grüße

Markus
 
Trotzdem stammen die wirklich "großen", ausgefeilten und innovativen Kompositionen von Leuten, die sich intensiv mit der Materie beschäftigt haben.

Wobei wir nun beim subjektiven Geschmack gelandet sind. Und über den läßt sich bekanntlich streiten.

IMO kann man sehr wohl OHNE theoretischen Hintergrund gute Musik machen. Das Ohr leitet einem den Weg, nicht das nicht-vorhandene theoretische Wissen. ;)

Gruß,
Andreas
 
Es kommt meiner Meinung ein bisschen auch darauf an, welche Art von Musik man machen will. Z.B. hat Jazz einen starken theoretischen Unterbau, und es wird niemanden gelingen, Jazz-Stücke ohne Kenntnisse in der Harmonielehre erstellen zu können. Es sei denn, man hat gute SW-Werkzeuge, wo quasi die Theorie eingebaut ist. Dann kommt man auch zum Ziel. Und ich habe viel Hoffnung, dass sich hier in den nächsten Jahren noch viel viel mehr tun wird.

Aber eines steht auch fest: Theorie alleine und auch Tools alleine machen noch lange keine gute Musik. Gute Musik hat viel mit Erfahrung und Ideenreichtum zu tun, z.B. wie setzt man ein Lead-Sheet richtig um. Da hilft nur üben und experimentieren!
 
Trotzdem stammen die wirklich "großen", ausgefeilten und innovativen Kompositionen von Leuten, die sich intensiv mit der Materie beschäftigt haben.
Musik ist ja sehr subjektiv und selbst die ausgefeilteste Komposition kann in ihrer Wirkung auf den Hörer ne echte Banane sein ;)

Grüße
Cos
 
Z.B. hat Jazz einen starken theoretischen Unterbau, und es wird niemanden gelingen, Jazz-Stücke ohne Kenntnisse in der Harmonielehre erstellen zu können.

Das erzähl mal einem alten Jazzer, der nie Noten geschweige denn Harmonielehre gelernt hat ...
 
Naja, 'nem alten Jazzer mach ich nichts vor.

Ich geh mal davon aus, dass Du damit angefangen hast, bekannte Jazz-Stücke nachzuspielen (nach Gehör, nehme ich an?!) und dann über die Jahre gelernt hast, diese zu varieren.
[g=63]Harmonie[/g] hat natürlich was mit Hören zu tun, und so hast Du über die Jahre "quasi praktisch" die Harmonielehre "inhaliert".

Du weisst als gestandener Jazzer sicherlich, was ein Krebs ist und welche Akkorde gut zusammenpassen, dass man ein Solo nicht im Intro sondern Mittelteil platziert und vieles mehr. Dann kennst Du ja doch ein bisschen Theorie, auch wenn es Dir vielleicht bisher nicht bewusst war.
 
von marcoustic an 02.06.2005 21:11

Mir fällt spontan keine dieser Kompositionen ein, die ein musiktheoretisch Unwissender geschrieben hätte.

naja um pa musiker zu nennen... allen voran: JIMI HENDRIX!!! der kerl hatte absolut kein peil von musiktheorie oder notation und wird immerhin als einer der besten gitarristen aller zeiten bezeichnet.... ;)

noch pa weitere: kurdt cobain, flea (bassist von red hot chili peppers)... ich :D

aber mal zur diskussion... naja, der eine mags halt mit, der andere arbeitet gerne ohne... ich selber hab auch keine ahnung von theorie und sehe es für mich auch nicht als dringend notwendig an, da ich gut so klarkomme mit meiner arbeitsweise.. ich fang zwar grad an mich ein wenig damit zu beschäftigen, aber an sich, jedem das seine. der ders kann ist das ganze ein bestimmt ein gutes hilfsmittel, ich selber mach mir da aber z.b. kein druck und probier an songs einfach so lange, bis ich das hinbekommen habe, was ich im kopf hab.

aja und das musiktheorie manchmal auch unpraktisch ist, hab ich mal selber erfahren... einmal kam ich mit einem neuen riff zur bandprobe und mein gitarrist (der ahnung von musiktheorie hat) meinte, das der aber so und so und so gespielt werden müsse, wegen irgendwas [g=63]harmonie[/g] lehre mässiges... naja, jedem den wir das ganze dann in beiden versionen gezeigt hatten, fand meine um längen besser.. soviel dazu ;)

gruß

lessi
 
Es gab da mal vor etlichen Jahren im Musikexpress oder im Rolling Stone ein abgedrucktes Gespräch zwischen Tom Waits und Elvis Costello. Costello war der Meinung, dass man mit Musiktheorie seine Möglichkeiten erweitert, Waits meinte, dass man dadurch den Blick für das Wesentliche verliert. Ich finde, beide machen grossartige Musik. ;)

Meine Meinung: Theorie schadet nicht. Mit dem entprechenden Wissen kann man zum Beispiel die Ideen anderer Musiker analysieren und daraus eine Theorie ableiten, wie man bestimmte musikalische Effekte erzielt. Ohne theoretische Kenntnisse kann man nur die Idee kopieren, mit theoretischen Kenntnissen wendet man das theoretisch abgeleitete Prinzip an und kommt zu Ergebnissen, die eben keine reinen Plagiate sind. Das fällt dann z.B auch bei Elvis Costello auf. Er erzählt in Interviews und Liner Notes häufig, bei wem er so alles geklaut hat - aber als Hörer wäre man nie darauf gekommen, dass da überhaupt geklaut wurde, selbst wenn man das Stück kennt, bei dem er "geklaut" hat. Das sind dann oft harmonische Details, z.B. Kombinationen von Slash-Chords, die in einem anderen Kontext als Kopie gar nicht mehr wahrnehmbar sind.

Einfaches Beispiel, der "dorische Vamp", z.B. em7- A7. Der lässt sich harmonisch auch durch einen em-[g=250]Akkord[/g] mit absteigender Basslinie e d | c# subtituieren, der letzte [g=250]Akkord[/g] wäre dann ein A9/C#, also ein A7-[g=250]Akkord[/g] mit zusätzlicher None, Terz im [g=118]Bass[/g] (und ohne Grundton). Klingt esoterisch, aber wenn man das Prinzip kennt, kann man es in jeder II-V-Situation anwenden. Für einen Bassisten sind solche Kenntnisse geradezu lebensrettend, wenn man nicht nur dröge die Grundtöne spielen, sondern einem Stück seine eigene, ganz persönliche Note geben möchte.
 
Musik ist ja sehr subjektiv und selbst die ausgefeilteste Komposition kann in ihrer Wirkung auf den Hörer ne echte Banane sein

Wenn sie wirklich ausgefeilt ist, wird sie keine Banane sein.

Mir fällt oft auf, das Leute, die von der Theorie keine Ahnung haben, dieselbe verdammen und um ihr musikalisches Bauchgefühl fürchten, wenn sie den Begriff Theorie auch nur hören. Das ist unnötige Berührungsangst, in der Regel kann man durch Lernen seine Möglichkeiten erweitern, anstatt sie einzuschränken. Das Erlernen der Theorie hat mich nicht dran gehindert, zu experimentieren oder gelegentlich genau diese Theorie musikalisch zu pervertieren.

Mit dem Wissen der Theorie wird das angenehme Gefühl beim Spielen eines Instruments nur umfassender und noch spannender, da man mehr musikalische Freiheit besitzt, die man sicher anwenden kann ohne ins Klo zu greifen.

Gruß
Juggernaut
 
anderer Musiker analysieren und daraus eine Theorie ableiten, wie man bestimmte musikalische Effekte erzielt.

und und und ...

Musik kommt aus dem Herzen!!! Nicht aus dem Kopf. Aber ich denke, dass kann man sehr kontrovers diskutieren.

Zum Thema Jazz:

Was ist denn mit Free-Jazz? Die Leute spielen total spontan und setzen sich nicht 1h vor dem Konzert hin und überlegen wie sie ihr improviertes Stück aufbauen und arrangieren ...
 

Neue Antworten


Oft gelesene Themen

Zurück
Oben