Gibt es "gesunde" Pop-Sänger?

[bensummerfield]

Moin Leute,

heute lese ich mal wieder einen kleinen Bericht über Wolle Petry....

www.gmx.net


Wo dann unter anderem so Sachen drin stehen wie:

"....Zudem habe er seine Stimme im Laufe der 30 Bühnenjahre überbeansprucht, berichtete Petry. Wegen langer Autogrammstunden in nasskalten Stadien und zugigen Hallen habe er auch in immer schnellerer Folge unter Erkältungskrankheiten gelitten und dagegen zu viele Medikamente genommen. "Ich wusste, das kann ich nicht noch 20 Jahre machen. Wenn Dich die Hoteldirektoren und die Gaffer an der Ampel nicht umbringen, dann tun es die Pillen", sagte Petry.

Trotz aller Arzneien habe er manchmal die hohen Töne nicht mehr getroffen. Dann sei ihm bei einem Konzert schwarz vor Augen geworden. Fortan habe er keine 100 Prozent mehr geben können und sei unzufrieden geworden......"



Das ist aber nur eine von vielen Geschichten - je mehr ich mich über prof. Pop-Sänger informiere, desto mehr "Krankheitsgeschichten" lese ich.
Christina Aguilera spritzt sich regelmässig Cortison, Lionel Richie sind wenn ich mich recht entsinne die Stimmbänder gerissen und wurden genäht, der Scorpions Sänger hatte zwischen drin die Befürchtung, nie wieder singen zu können wegen totalem Stimmausfall...

usw usw...

je mehr man über die "Stars" der Musik liest, desto mehr drängt sich mir der Eindruck auf "das kann einfach niemand mit gesunden Mitteln durchhalten".

Oder sehe ich das falsch? Gibt es im Pop-Business womöglich doch Sänger-Beispiele, die das Gegenteil beweisen? Kein Cortison oder sonstiger Medikamentenmissbrauch über die Jahre hinweg.....keine Krankheitsgeschichten, die einem den Eindruck vermitteln, dass die Musikbranche den Sänger "krank macht"?


Ich spreche bewusst von "Pop-Stars", also nicht von klassischen oder Musical-Sängern, das ist für mich eine andere Art zu singen und auch eine andere "Welt".


Gruss und Mercy, B.

 

[holgmann]

bensommerfeld schrieb:


je mehr man über die "Stars" der Musik liest, desto mehr drängt sich mir der Eindruck auf "das kann einfach niemand mit gesunden Mitteln durchhalten".

Oder sehe ich das falsch? Gibt es im Pop-Business womöglich doch Sänger-Beispiele, die das Gegenteil beweisen? Kein Cortison oder sonstiger Medikamentenmissbrauch über die Tourwochen hinweg.....keine Krankheitsgeschichten, die einem den Eindruck vermitteln, dass die Musikbranche den Sänger "krank macht"?


Gruss und Mercy, B.

Ich fürchte du siehst das richtig

Ich kenne niemanden, der ohne Probleme durchhält.
Das ist wie bei dem Handwerker der mit 50 einen kaputten Rücken hat, obwohl sich die Belastungen nicht verändert haben. Der Stimmapparat ist sehr empfindlich und manchmal habe ich das Gefühl das man schon von Glück reden muss, wenn man mehr als 10 Jahre auf einem einigermaßen hohen Niveau singen kann.
Es gab auch mal ein Interview mit Alanis Morisette, in dem sie beschrieben hat, was sie nicht alles einnimmt um ihre Stimme zu schonen und auf Trab zu halten. Trotzdem musste sie das ein oder andere Konzert absagen, weil die Stimme nicht wollte.

Phil Collins ist auch so ein Beispiel, er fährt z.B. im Auto niemals mit Klimaanlage und schläft nur in Hotels in denen sich die Fenster öffnen und die Klimaanlagen abschalten lassen.
Ich merke es z.B. wenn ich in Hamburg in den Bussen des öffentlichen Nahverkehrs unterwegs bin. Die haben tlw. auch Klimaanlagen und die Luft darin greift die Stimme extrem an....

Ich glaube nicht, das man eben solche Situationen immer umgehen kann. Das erklärt dann auch die vielen Medikamentenopfer unter den Sängerinnen und Sängern.
Das gilt übrigens auch für den Klassischen Bereich, da sogar noch viel mehr. Das was bei Sängerinnen und Sängern oft als Divenverhalten hingestellt wird, ist ganz einfach nichts anderes als Selbstschutz. So wie die meisten Gitarristen/Pianisten in ihrem Leben niemals an einer Maschine arbeiten würden die ihre Finger in Gefahr bringt. Manche geben einem sogar nicht mal die Hand, aus Angst verletzt zu werden.

 

[Hintermann]

Phil Collins ist auch so ein Beispiel, er fährt z.B. im Auto niemals mit Klimaanlage und schläft nur in Hotels in denen sich die Fenster öffnen und die Klimaanlagen abschalten lassen.

...und gab zu sich mit strichnin vollzupumpen wie damals enrico carruso damit er hoch singen kann. bis er osteoporose bekam und ihm das handgelenk beim trommeln brach...dann hat er sich vom tourgeschäft zurückgezogen...für ne längere zeit

 

[-Ulrich-]

Hallo Ben,
eins ist jedenfalls klar,
in der Kategorie ist die psychische "Eignung"
wohl ausschlaggebender wie die musikalische.

Wie verkrafte ich den Rummel,
wie sehr passt der vielleicht sogar für meinen Typ?

Und natürlich wie belastungsfähig bin ich?


Wobei, ein Teil der Leute die Du genannten hast
(Petry, Richi, Skorpiens)
sind ja auch eine ganze Zeit ganz oben mit dabei,
da ist eine (endgültige?) Auszeit vielleicht auch einfach natürlich.

Ein Gegenbeispiel:
Udo Jürgens.
Bin kein musikalischer Fan von ihm,
aber so viel Vitalität war selten.
Habe Konzertausschnitte gesehen,
der Mann ist über 70.


Gruss Ulrich

 

[bensummerfield]

für alle, die nicht wissen, was strichnin ist:

http://de.wikipedia.org/wiki/Strychnin


rattengift für die hohe stimme - sehr nice

Wie verkrafte ich den Rummel,
wie sehr passt der vielleicht sogar für meinen Typ?

Und natürlich wie belastungsfähig bin ich?

vielleicht eher "wie weit bin ich bereit, für den erfolg zu gehen und meinen körper zu schänden"

die psyche spielt grundsätzlich ne grosse rolle - klar. aber der körper muss eben auch mitmachen es gibt ja solche und solche menschen - es gibt leute, die werden "nie krank", andere sind anfällig(er). und so eben auch bei den sängern.

Ein Gegenbeispiel:
Udo Jürgens.
Bin kein musikalischer Fan von ihm,
aber so viel Vitalität war selten.
Habe Konzertausschnitte gesehen,
der Mann ist über 70.

kennst du seine "krankheitsgeschichte"? ob er nicht auch schon diverses zeug genommen hat, um die tour durchzustehen?

ich mein, die rolling stones sind auch alt - aber gewiss keine kinder von traurigkeit, was "medikamente" anbelangt

 

[Hintermann]

carruso hats nicht überlebt

edit: bevor ich hier nen scheiss erzähl ...so habe ich es von einem caruso film in erinnerung

 

[-Ulrich-]

kennst du seine "krankheitsgeschichte"? ob er nicht auch schon diverses zeug genommen hat, um die tour durchzustehen?

Ok, da hast Du Recht,
davon würde ich fast ausgehen,
dass er diverses Zeug genommen hat.

Aber da ist das Thema dann nicht nur musikalische Belastung,
sondern exzessives Leben.

Und das kann man meistens nur eine Zeit lang machen.
Kennt ja der eine oder andere auch von sich selbst.



Ulrich

 

[qatcho]

Ich denke alles was man zu extrem betreibt wird irgendwann zur Belastung.
Wenn man als Sänger während einer Tour 5 Tage in der Woche 2-3 Stunden auf der Bühne steht, dann ist doch klar, dass man irgendwann einfach fertig ist.
Das geht einem aber bei jeder Arbeit so... ob man nun auf dem Bau arbeitet, Bücher schreibt oder im Büro sitzt. Irgendwann ist einfach Schluss, da macht der Körper und/oder der Kopf nicht mehr mit.
Ich sehe das also nicht als spezifisches Problem von Sängern.

 

[stonyroad]

Aber der gute Udo singt auch nicht solche wüsten Sachen wie der Jager Michl. D.h. brüllt nicht so herum. Ian Gillan tut sich doch auch schwer mit den alten Hadern wie Child in Time oder Highway Star. Oder der Cartny Pauli. Habe diesen "Back in the U.S.A" Mitschnitt im Fernsehn angeschaut. Die hohen Beatlesnummern (Elanor Rigby) schafft er auch nicht mehr wirklich.

Ausser der Abnützung der Stimmbänder durch die Anstrengung sind auch, so wie der restliche Körper, die Stimmbänder dem Alterungsprozess unterworfen. Und die ältere Stimme ist eben tiefer als die Jugendliche (siehe McCartney und Elanor Rigby).

Ausnahmen wirds schon geben, nur Leute die in ihrer "Glanzzeit" viel gebrüllt haben werden da wohl nicht darunter sein.

Grüsse

 

[holgmann]

Dazu kommt bei den sogenannten Superstars meist noch, das sie während einer Tour nicht nur Musikalisch belastet sind, sondern auch noch von morgens bis Abends Interviews geben "dürfen". Soll heissen die haben kaum Zeit ihrer Stimme Erholung zu gönnen.

 

[EarlGrey]

Naja, Stress haben viele. Ich denke, sehr vieles liegt einfach am falschen Umgang mit der Stimme. Alleine die Art, wie man singt, kann doch sehr auf die Bänder gehen. Manche kriegen ihre unverkennbaren Stimmen ja erst durch die Vergewaltigung ihrer Stimmbänder, z.B. Bryan Adams, Joe Cocker. Dass die Art, wie Metal-Sänger ihre Bänder strapazieren, auf Dauer nicht gesund sein kann, kann sich jeder Laie an drei Fingern abzählen. Oder das Rumgegröle beim Death Metal. Das ist unnatürlich, dafür sind die Stimmbänder nicht gemacht. Oder viele schrauben ihre Stimme mit falscher Technik immer weiter hinauf. Und dann immer volle Lautstärke.
Das geht auf Dauer auch nicht gut.

Gruß Rainer

Edit: Von denen, die gut mit ihrer Stimme umgegangen sind, ist Freddy Mercury sicher ein gutes Beispiel. Leider können wir nicht erleben, wie er sich mit 50 oder 60 angehört hätte.

 

[Hintermann]

hört euch mal die alten opernsänger an...die klingen alle wie "neu"

warm singen - übungen - gesundes leben - gutes singen bis ins hohe alter

 

[EarlGrey]

Jau, stimmt. Einfach loslegen ohne mit den richtigen Übungen warmsingen verkürzt die Haltbarkeit der Stimmbänder auch.

 

[qatcho]

Hört euch mal Joopi Hesters an... der singt immer noch und ist 102...
Mir gefällt zwar nicht was er singt, aber die Töne trifft er immer noch!

 

[Fabs]

Uhh, ich denk dann jez grad an die Bands, welche viel Schreien. Also Richtung Metal/Rock...
Wenn die nur 1 Konzert in der Woche spieln... Frag mich wie lang die durchhalten

 

[bensummerfield]

Wenn man als Sänger während einer Tour 5 Tage in der Woche 2-3 Stunden auf der Bühne steht, dann ist doch klar, dass man irgendwann einfach fertig ist.

ich hoffe ja immer noch auf ein gegen-paradebeispiel unter den ganzen pop-helden einen super disziplinierten sänger, der durch training und ein gewisses ernährungs- und tagesprogramm so gut "in schuss" ist, dass er diese strapazen locker(er) aushält.

je mehr ich aber recherchiere, desto mehr krankheitsgeschichten bekomme ich zu lesen.......
nach dem motto "wenn du professionell als sänger unterwegs bist, hast du deine gesundheit hinten an zu stellen".

 

[Hintermann]

@ben

wie hast du es denn gemacht als du in der tanz mucker szene warst? das ist doch eigentlich anstrengender als eine tourn wenn man ebi einer gutgebuchten band spielt und 8-12 gigs im monat hat - (ich weiss jetzt allerdings nicht wie viele gigs du hattest)

 

[Dave1978]

Ich denk mal Touren beeinflusst die Stimme sowohl positiv als auch negativ.
Viele Sänger klingen nach dem 10. Konzert der Tour besser, als bei den ersten Shows. Dass gewisse Strapazen nicht ausbleiben, wenn man quais Dauerreisender ist, dürfte dann auch wieder klar sein. Der Musiker-Lifestyle ist in erster Linie halt schon einer, der Körper und Geist ziemlich in Anspruch nimmt. Wobei mit Sicherheit mehr Leute langfristig vom rumsitzen und nichtstun draufgehen, als vom Musiker Lifestyle. Und genau deshalb geh ich mir selber im moment ziemlich auf den Sack

 

[bensummerfield]

wie hast du es denn gemacht als du in der tanz mucker szene warst?

wir waren durchschnittlich jedes 2. wochenende unterwegs (im sommer eben auch mal 2,3 tage nacheinander, da ist ja viel mehr los). und(!) wir waren am ende auch drei sänger - so dass man gut "abfangen" konnte, wenn einer der sänger mal nicht ganz fit war (was häufig vorkam).
also wurde da wirklich viel mit "ich helfe dir heute bei schwierigen stellen aus" gearbeitet, teilweise habe ich sogar weibliche songs komplett übernommen - umgekehrt genauso.
sieht man ja bei allen grossen coverbands - die haben oft 3 oder mehr sänger(innen) am start.

aber auch sehr viel "ich teile mir meine kraft ein". musste man sich halt bewusst in den ersten 2-3 stunden zurück halten und "auf sparflamme singen", damit man am ende nochmal ordentlich gas geben kann ---> aber is ja eigentlich scheisse sowas...

bei bon jovi sieht man z.b., dass live die chöre und hohen stellen fast komplett vom richie sambora und dem rest der band gesungen werden und der jon fast nur die "tiefen" sachen singt.

ansonsten praktiziere ich (auch während nem gig in der pause wenns sein muss) das klassische inhalieren von salbei, salzwasser und kamille.

 

[florida]

Es ist doch überall im "Profibreich" so.

Profi-Sportler werden auch am Rande der Legalität durch Medikamente hochgepusht wenn sie verletzt/krank/...sind