In den letzten Jahren hat sich meine Meinung zur Birke sehr geändert.
Früher sah ich in Birken nicht mehr als "Pionierholz" - einen anspruchslosen Baum, der auch auf Schrottplätzen und aus alten Dachstühlen wächst. Das Gegenteil also zu unserer ach so edlen Eiche, die wirklich allerbesten Grund und vorzügliche Standorte haben will.
Und wie sieht die Birke auch aus - an den Enden hängende, dünne Ästchen und Zweiglein, eine Rinde, die so ganz und gar nicht knorrig daher kommt und nicht zu Nachsinnen über jahundertlanges Zeuge der Geschichte sein anregt. Ja, die Birke war eher ein Prekariats-Baum. Ich verband ihn mit russischer Einöde und einem kärglichen Leben.
Bis ich mir einen Ofen zulegte.
Meine ersten Scheite waren ein Kubikmeter Birke. Relativ günstig zu haben, und dennoch, da härteres Holz, mit einem höheren Heizwert, als Fichte oder Kiefer. (Freilich nicht so hoch wie Buche oder Eiche.) Ich stapelte immer ein paar Scheite auf dem flachen Ofen, um einen kleinen Vorrat in der Wohnung zu haben. War der Ofen an, verbreiteten diese Scheite einen ungemein angenehmen, ätherischen Duft. Kein anderes Holz schaffte das, nur die Birke.
Da begann ich den Baum zu ersten Mal wertzuschätzen. Birkenrinde ist der perfekte Feueranzünder - auch im feuchten Zustand, brennt sie noch. Wieder ein Pluspunkt.
Dann hatte ich ein Taschenmesserchen mit einem Griff aus lappländischer Maserbirke. Das Holz war so kunstvoll strukturiert - wenn man es ein bisschen mit Öl einrieb, leuchtete es fast wie Bernstein in der Sonne. Eine herrliche hell-dunkle Maserung. Wie hatte ich Birke nur jemals nicht achten können?
Dann lernte ich in Russland kennen, was alles aus Birkenrinde gemacht wird:
Schmuck, Küchenbehälter (habe mir einen Brottopf aus Birkenrinde mitgebracht - der atmet, seitdem hält das Brot länger frisch), ja sogar Einlegesohlen und man kann auch wunderbar auf Birkenrinde schreiben - Buchstaben einritzen oder mit Tinte/Tusche... hält wie Papyrus.
Kurz: vom einst kaum beachteten Baum ist die Birke bei mir aufgestiegen zu einer Art "Lebensbaum". Vom Sirup, Birkenreisig und anderen Möglichkeiten noch gar nicht gesprochen.
Deshalb finde ich es schön, dass jemand ein Gedicht über die Birke gemacht hat. Das hat der Baum verdient. Fehlt nur noch eine Vertonung.
P.S.: Mir hat die allererste Version am besten gefallen. Der eingeschobene Zweizeiler bringt mMn zuviel Sentimentalität in den Text.
