Blues/Sept Rätsel *kopfzerbrech*

[ModulationMatrix]

Moin moin,

ich bin gerade etwas verwirrt über die Blues-Theorie. In der Bluestonleiter gibt es nur 6 Stufen, es fehlt die große Terz, es fehlen die Sekunde und Sechste, dafür gibts die Quinte quasi doppelt, rein und vermindert.

Die eigentliche Verwirrung kommt jetzt aber dadurch, dass sich die Begleit-Akkorde der ganz normalen Tonleiter bedienen. In einem Blues auf F enthält z.Bsp. die erste Stufe F7 die große Terz, obwohl sie in der Blues-Skala nicht enthalten ist. Ebenso kann ich die IV und V Stufe als regulären Dreiklang nicht bauen ohne die Sekunde und Sechste zu verwenden.

Zwei Fragen hab ich nun:
1) Gilt also die Blues-Skala nur für das Melodie-Instrument quasi? Ist das ein Sonderfall oder gibt es diese Erscheinung, dass Begleit- und Melodie-Instrumente verschiedenes Tonmaterial verwenden, noch woanders (Jazz o.ä.)?

2) Weitere Frage wäre die Verwendung der Septe. Gibt es da einen Überblick drüber in welchen Stilistiken man die leitereigene Septe verwendet, oder wann man bewusst aus dem leitereigenen Tonmaterial aussteigt und per Vorzeichen eine kleine oder große Septe nimmt? Welche ist "üblicher"?

 

[GreatFun]

Hey Hey,

Ja, dass verwirrende beim archaischen Blues entsteht dadurch, dass der Blues ein Zwitter-tongeschlecht ist. Also Moll und Du gemischt. Das liegt daran, dass sich zu seiner Entstehung die Musik der afrikanischen Schwarzen und die Musik der weißen vermischt hat. In der afrikanischen Kultur, verwendete man hauptsächlich die Moll Pentatonik. die afrikanischen Sklaven kannten quasi nichts anderes. Und jetzt war da die Harmonik der ausgewanderten Europäer. Also auch die "Dur-Tonart". Über ein Stück in z.B. D-Dur sangen die Afrikaner dann eine d-Moll Pentatonik. Wodurch die große und die kleine Terz gleichzeitig vorhanden waren. Wenn man aber eine kleine Terz einen Dur-Akkord singt, wird man automatisch in der Intonation nach oben gezogen. Und genau das ist die eigentliche Blues-Terz. Irgendwo zwischen kleiner und großer Terz. Das betrifft allerdings nur das Melodiespiel.

zu 1) so kann man das betrachten. Du kannst über jeden Akkord mehrere Skalen spielen d.h. unterschiedliches Tonmaterial verwenden. z.B. A7 hier könnte man fis-Moll-Pentatonik spielen, oder a-moll-Pentatonik (hier entsteht dann die archaische Blues-Terz), oder aber auch A-Mixolydisch wie es im Jazz gebräuchlich ist. Im Jazz kommt das sehr häufig vor, dass Melodie und Begleitung unterschiedliches Tonmaterial verwenden. Im Endeffekt entstehen dann durch die Melodie aber auch nur unterschiedliche leiterfremde Färbungen der Akkorde. z.B. lydisch über Maj7 Akkorde. Hier entsteht eine #4 bzw #11.

zu 2) Der Blues ist in Anbetracht der Verwendung von Septimen ein Sonderfall. Im Dur-Blues verwendet auf I , IV, V einfach die kleine Septime. Kleine Septimen werden auch verwendet um einen Akkord zu "dominatisieren". Die kleine Septime ist die charakterisitsche Dissonanz für eine V. Stufe. Hörst du einen Dur-Dreiklang mit kleiner Septe interpretierst Du diesen Akkord immer als Dominante. Wenn Du einen Dur-Dreiklang mit großer Septime hörst interpretiert das Ohr diesen Klang als etwas Tonikales.

Hoffe ich konnte helfen. Aber hier gibt es sicherlich noch so manch anderen Blues Experten. Der Knackpunkt ist für mich, zu verstehen, dass der ursprüngliche Blues weder Dur noch Moll ist. Da hat man den Hänger, wenn man klassische Harmonielehre gelernt hat. Dur/Moll Harmonik der Europäer vermischt mit Moll-pentatonischer Melodik der Afrikaner.

schönen Sonntag, Greatfun

 

[ModulationMatrix]

Super Infos, ganz vielen Dank!

 

[BasementBluesBoy]

Dur und Moll hat das nicht eher was mit den parallelen Tonarten zwischen Dur und Moll zu tun. Für C ist zB die parallele Molltonart A-Moll.

Bei einem Blues in A-Dur geht auch immer Fis pentatonisch zu hören auf Claptons Crossroads etc. Bei einem Blues in Am klappt das allerdings nicht.

Bbb