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Wyrm

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Grüße.


der mensch kann sich keine dinge vorstellen, die er nicht kennt. daher kommt alles, was weiterentwicklung betrifft, durch einen stetigen, fließenden prozess über jahre hinweg - oder durch zufall.

man beschaue sich nur mythen und legenden: alle fantastischen wesen sind dem menschen aus der realen welt bekannten dingen/wesen zusammengesetzt.

noch anschaulicher: wenn man als weißer ein buch liest, stellt man sich den protagonisten immer als weißen vor, sofern nicht im text selbst etwas anderes beschrieben wird (schwarz, gelb, rot, grün, ganz egal). und mir persönlich ging es sogar schon oft so, dass ich zwar WUSSTE, dass der protagonist zum beispiel ein schwarzer war, ich aber TROTZDEM, wenn dieser fakt im buch erneut erwähnt wurde, merkte, dass ich schon wieder einen weißen im kopf hatte.

ergo: die fantasie ist eine reflektion der realen welt um uns herum, daher wird alles, was wir "neu" erschaffen, auf den dingen in unserer realen wahrnehmung basieren.


Der Gruß

Griffin
 
hi

kein übler gedanke, jedoch:

Das gleiche gilt wohl auch für die Malerei oder die Literatur.

als jemand, der literatur "beruflich" studiert, muss ich sagen: no way. der begriff der "epoche" oder "zeitgeist" ist in der literatur nur bei gewissen (meist bekannten) werken sichtbar, überschreitungen sind mehr als die regel.

Also scheinen Komponisten "gefangen" zu sein im "musikalischen Zeitgeist" ihrer Epoche.

wenn es so wäre, wer triebe dann den zeitgeist voran? die gedanken-kettenreaktion klingt für mich ein wenig mystisch... imho ist es nicht so, dass der zeitwandel qua externe instanz sich wandelt, sondern von den an ihm beteiligten ständig neu konstituiert wird - und die technischen voraussetzungen sind lediglich ein hilfsmittel dazu, aber nicht der "ansporn" (oder wie man das nennen will).

aber es lohnt sich, weiter darüber nachzudenken. ich bin gespannt, was für meinungen noch kommen!

grüsse
edgecrusher
 
Es vollzog sich alles so langsam, ohne spektakuläre Entwicklungssprünge.

ja, da hast du völlig recht. vielleicht ist das problem, dass musik (gerade im gegensatz zur lit.) eine sehr abstrahierende kunstform ist, bei der man die entwicklung nicht an etwas "festnageln" kann (ausser eben gerade am einsatz verschiedener gerätschaften / techniken). so wird es automatisch auch schwierig, zu bestimmen, wo eine entwicklung anfängt und wo noch alles old-school ist...

grüsse
edgecrusher
 
Allein am Beispiel der Karosserieformen von Autos erkennt man eine Unstimmigkeit im Gedankengang.

Die Form der Autos diente nicht dem Zweck modern zu sein oder gut auszusehen, vielmehr wurde es mmit der Zeit nötig die Kunden mit neuen Superlativen zu locken. Schnellstes Auto, geringster Verbrauch, höchste Fahrleistung mit einer Tankfüllung... Eine (Teil)Lösung für alle diese Probleme war die Form des Autos, da weniger Widerstand auch weniger Energieaufwand bedeutet. Die Möglicheiten Aerodynamik besser auszuwerten und Karosserien durch neue Fertigungsverfahren aufwendiger zu gestalten führten zu aerodynamischen Autoformen die dank ihrer Vorteile (sicher nicht wegen dem Aussehen) "modern" wurden.

Ebenso ist es in der Kunst (ich verallgemeinere zur einfacheren Darstellung):

Der Hörer/ Leser/ Betrachter (i.F. Kunde) wird mit der Zeit vom immer gleichen gelangweilt. Der Künstler möchte besser sein als alle anderen. Ergo die Kunst bringt immer neue Superlative die zum einen erst durch neue Techniken möglich gemacht werden (keine elektrische Musik ohne Elektrizität, kein Cubase ohne weite PC-Verbreitung...), zum anderen erst durch neue Wünsche des Kunden bedingt sind. Zur Verdeutlichung:

Die Jugend der Ghettos in Amerika (Jaa...;-) Klische *freu*) möchte sich nicht mehr gegenseitig abschießen und braucht neue Battle-Möglichkeiten. Die verbale Auseinandersetzung wird "neu entdeckt" dabei wird der Drang nach Superlativen immer stärker (sowohl beim Kunde als auch beim Künstler) die Wörter reimen sich immer häufiger, der Sprechrythmus wird ausgefallener...Neue Techniken wie MPC's und Software-Samper erlauben neue Möglichkeiten beim Herstellen von Beats...Plötzlich ist der ursprüngliche Hiphop "old School" und die Masse verlangt nach technisch ausgereiftem "nu Skool".


Ich denke, dass die Entwicklung der Ansprüche die Entwicklung der Materie antreibt. Ein Künstler wie Bach, der mit seiner Kunst die Bevölkerung zufrieden stellen kann, hat überhaupt keinen Grund etwas anderes zu machen. Vielleicht die Möglichkeit oder Fähigkeit, aber da keine Nachfrage besteht tut er es nicht. Man stellt schließlich keinen Sandkasten in die Sahara.
 
mann, ein geiles thema!

Ergo die Kunst bringt immer neue Superlative die zum einen erst durch neue Techniken möglich gemacht werden (keine elektrische Musik ohne Elektrizität, kein Cubase ohne weite PC-Verbreitung...), zum anderen erst durch neue Wünsche des Kunden bedingt sind.

ich glaube, hier liegt der hund begraben! was heisst denn, die kunst ist durch neue wünsche des kunden bedingt? d.h. wo kommen die wünsche der kunden her? ich denke, da gibt es 2 verschiedene möglichkeiten:

a) die wirtschaftl./soz./polit. umgebung (die "kulturindustrie"; ok ok ich hör auf klugzuscheissen ;)) kreiert die wünsche der kunden und gaukelt ihnen sie als ihre eigenen vor. beispiel: wer braucht ernsthaft die foto-funktion in einem handy? oder, um bei "kunst" zu bleiben, einen hirnamputierten frosch als klingelton?

b) die kunst konstruiert durch progressive vorgehensweisen wünsche, auf die die kunden ansprechen (sie "lecken" quasi blut, aber erst nachdem die kunstschaffenden ihnen einen knochen vorgeworfen haben); wiederum in der literatur ist das sehr stark der fall, bei musik auch?

was meint ihr?

grüsse
edgecrusher
 
Ehm,
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Klar, das finde ich ja auch. Bach hat z.B. die Fuge perfektioniert und revolutioniert. Allerdings lässt sich sein Werk eindeutig dem Barock zuordnen.
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Bach'sche Fugen waren zu seiner Zeit eben dieser vorraus und extrem unpopulär! Nur als kleiner hinweis.

Bach war ein revolutionär, das wohltemperierte Klavier landete anfangs im müll, die Kupferplatten eingeschmolzen für ein paar taler, weil geld fehlte.

Bach schrieb auch sachen auf anfrage, und war finanziell froh dies zu tun. Doch sein Genie wird erst heute wirklich begriffen.

Er war es z.B. der die temperierte Scala mitentwickelt hatte. Davor waren instrument nur auf bestimmte Tonlagen hin gestimmt, worauf sich Bach aber nicht einschränken lassen wollte.

Deswegen kam er dann auf die Idee gleich intervalle (12) zu nehmen, die, wenn man mal nachmisst, über zwei Okaven mathematisch schon in flat/bzw sharp gehen.


PT
 
Vorweg: Ich steh auf den Thread! Vielleicht sollten wir uns für ein musikphilosophisches Unterforum einsetzen :D

Ich hab mir schon oft Gedanken gemacht, was wäre, wenn ich mit musikalischem Equipment (CD-Player, CDs) in nähere Vergangenheit reisen und denen heutige Musik zeigen würde. Ich kann die Reaktion auf verschiedene Musikstile (Pop, Hip Hop, moderner Rock alá 3 Doors Down, Grindcore *schmunzel*, etc) überhaupt nicht einschätzen.

Anti
 
So, dann misch ich mich auch mal ein: meiner Ansicht nach braucht man für Sprünge immer einen genialen Menschen, der etwas neues/ausgefallenes macht/wagt. Da wir alle ja doch nur (seien wir ehrlich) Lemminge sind rennen dann einfach viele Leute hinterher und machen das selbe.
 
Sind wir wirklich nur Lemminge, wenn wir selber etwas erschaffen. Macht uns unser Tun, unsere Tätigkeit als Künstler nicht schon zu etwas Besonderem? Und gibt nicht jeder von uns einen Teil seiner Persönlichkeit mit in seine Musik und macht sie damit so einzigartig?

Take That z.B. wurden oft kopiert, aber nie erreicht. Sicherlich gab es einige Bands die genau so erfolgreich waren, aber da bei denen das Finanzielle eine viel höher Rolle spielte waren sie qualitativ nicht auf diesem Niveau. Wenn man sich nur überlegt, was Robbie Williams inzwischen auf die Beine gestellt hat, das könnte ein Nick Carter niemals. Einfach schon wegen seiner Persönlichkeit.
 
Jein ... Also in meinen Augen sind Take That auch nur eine Kopie von New Kids on the Block. Und natürlich ist es so, dass die Musik niemals (meistens) nicht genau gleich ist (diverse deutsche Hitfabriken mal aussen vor gelassen). Ich wollte damit eher sagen: die Richtung. Kaum ist eine deutschsprachige Band mit Sängerin erfolgreich sprießen solche Bands an allen Ecken und Enden und werden auch gekauft. Auch wir, die wir selbst Musik machen (zumindestens die meisten von uns) orientieren uns (wenn auch meistens unbewußt) mehr oder weniger stark an unseren "Vorbildern". So was wirklich neues hab ich schon länger nicht mehr gehört.
 

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