Testberichte Test: iamReverb Realistische Räumlichkeit mit neuer Faltungstechnik

Flexibles Convolution-Reverb mit klar definierten Reflexionen und praxisnahen Presets.

Schon beim ersten Hören entsteht der Eindruck, als würde man mitten im Raum sitzen und das über Kopfhörer und Lautsprecher gleichermaßen. iamReverb kombiniert mit verblüffend einfacher Bedienung präzise Impulsantworten echter Räume mit klassisch-algorithmischer Flexibilität. Mit der in Wien entwickelten Enhanced Reverb Modeling (ERM) - Technologie bleiben Reflexionen sauber getrennt, Bassanteile wirken straff und definiert, und die Hallfahne verleiht dem Mix echten Tiefeneindruck.

iamReverb-GUI-Main-Testbericht.png


Vorteile
  • Saubere Trennung von Direktsignal und Reflexionen durch ERM-Technologie
  • Fließendes Mischen von Close‑, Mid‑ und Far‑Positionen für variable Raumtiefe und Raumgestaltung
  • Praxisorientierte Preset‑Bibliothek mit Universal‑ und Instrumenten-Profilen
  • Reduziertes, zweigeteiltes GUI‑Design für ungestörten Workflow
  • Moderater Ressourcenverbrauch

Nachteile
  • Stereo‑Only: Surround‑Anwendungen werden nicht bedient
Immer wenn es eine vermeintlich innovative neue Technologie gibt und dadurch noch bessere und/oder realistischere Klangergebnisse erzielt werden können, bin ich sehr gespannt, ob es sich die Theorie auch in der Praxis wiederfindet. Das ist besonders der Fall, wenn es mit dem Thema der Elektroakustik/Akustik zu tun hat. Daher freute ich mich besonders ein Reverb Plug-in testen zu können, das den Fokus auf die Umsetzung von realistisch klingenden Räumen setzt. In diesem Testbericht habe ich mich gezielt mit den Ergebnissen beschäftigt, die das Plug-in iamReverb von Haus aus im Stande ist zu liefern.

Technischer Hintergrund und Abgrenzung
Klassische versus convolution‑basierte Reverbs
Algorithmische Hall‑Plug-ins modellieren Räume über Verzögerungsnetzwerke und Filterbänke, was sie sehr flexibel, mitunter aber künstlich klingend macht. Oft werden Parameteränderungen auch nicht deutlich oder differenziert wahrgenommen. Convolution‑Reverbs (Faltungseffekte) übernehmen dagegen echte Impulsantworten, stocken jedoch oft bei Diffusion und Phasenproblemen, wenn die frühen, mittleren und späten Reflexionen nicht sauber getrennt sind.

Enhanced Reverb Modeling (ERM)
Die Bezeichnung ERM steht für Enhanced Reverb Modeling. ERM soll meinem Testkandidaten nicht nur die Befähigung zur Erzeugung realistisch klingender Räume verleihen, sondern zugleich auch die Differenzierung zu anderen Raumerzeugern darstellen. ERM nutzt speziell platzierte Mikrofone in ausgewählten Räumen, um nicht nur erste Reflexionen klar vom Direktsignal zu trennen und zugleich Phasenüberlagerung zu vermeiden, sondern auch auf die verschiedenen Hallebenen zu wirken. Jede IR‑Serie bietet drei Aufnahmepositionen (Close/Mid/Far), die sich in Echtzeit mischen lassen. Ein optimierter Faltungsalgorithmus verarbeitet diese Daten ohne hörbare Artefakte – selbst bei schnellen Automationen.

Durch ERM entsteht ein Raum, der zugleich präzise und flexibel ist: Die Plastizität echter Räume bleibt erhalten, während sich Parametereingriffe ähnlich geschmeidig anfühlen wie in algorithmischen Reverbs.

Installation und Lizenzierung
iamReverb wird über den iLok License Manager aktiviert. Der Installer richtet das Plugin für VST3, AU und AAX unter Windows und macOS ein. Voraussetzungen sind 64‑Bit-DAWs (Windows 10/11, macOS 10.13–15) und eine Intel- oder Apple‑Silicon‑CPU. Die Aktivierung klappte im Test auf Anhieb und ohne Fehlermeldungen.

Erster Eindruck
Nach der iLok‑Freischaltung steht iamReverb sofort mit kuratierten Presets zur Verfügung. Im kompakten Plug‑In‑Fenster finden sich drei Hauptelemente:
  • Level Meter & In/Out-Regler: Links und rechts zeigen Peak-Level‑Meter das Eingangssignal sowie das Ausgangssignal an. Mit den In- und Out-Reglern lässt sich der Pegel entsprechend anpassen bzw. korrigieren. Diese Parameter sind nicht Teil eines Presets, erlauben aber ein direktes Gain-Staging für die geladene Instanz.
  • Reverb-Tab: Drei Distanzregler (Close, Mid, Far), Pre‑Delay, Dry/Wet, Decay und Size
  • EQ-Tab: Vierbandiger Minimum‑Phase‑Equalizer für das reine Wet‑Signal
Das GUI‑Design ist hell, klar strukturiert und verzichtet auf überflüssige Elemente. Kleine Latenzen bei Parameterwechseln bleiben im Workflow unauffällig und stören nicht weiter. Bedingt durch das Faltungsprinzip ist dies auch nicht anderes realisierbar.

Funktionsweise

Close/Mid/Far

Diese drei Regler verkörpern das einfache Bedienkonzept von iamReverb. Die schnelle und einfache Mischung mehrerer Mikrofonpositionen ermöglichen eine unmittelbares Ergebnis und sind hilfreich für eine rasche Entscheidungsfindung. Dieser Teil gehört zu den Besonderheiten des ERM Convolution-Konzepts. Die relativen Anteile der Raumpositionen und Reflexionsebenen werden mittels der Faltung zu einem neuen „Raum“ zusammengefügt.

Pre‑Delay
Dieser klassische Parameter steuert den Abstand zwischen Direktsignal und Erstreflexionen und sorgt für die Größen- bzw. Abstandsimpressionen.

Decay & Size
Diese Regler formen die Hallfahnenlänge und das Raumvolumen.

Dry/Wet
Das Signalverhältnis ist unabhängig regelbar. Bei Send‑Effekten empfiehlt sich eine Einstellung mit 100 % Wet. Bei der Verwendung von iamReverb als Inserteffekt kann das Verhältnis zwischen Originalsignal und Effektsignal mit diesem Regler bestimmt werden.

EQ (eigener Tab)
Jeder der vier Bänder (Low-Shelf, High-Shelf, Peak x2) kann per Klick aktiviert oder deaktiviert werden. Zusätzlich gibt es einen Lo- und High-Pass-Filter. Anfasser erlauben das Verschieben der Frequenz- und Pegelparameter direkt im Grafikbereich. Eine adaptive Bedienleiste bietet zudem numerische Kontrolle über Frequenz, Gain und Q. Mit dem EQ-Bypass lässt sich der Effekt schnell an- und ausschalten, um einen klaren Vorher-/Nachher-Vergleich zu ermöglichen.

Far Panorama Mode
Diese Einstellung ist eine weitere Besonderheit von iamReverb. Zur Auswahl steht Follow und Inverse. Inverse invertiert das Stereofeld des Far-Anteils und kann so für eine gleichmäßige Verteilung des Signals im Stereofeld sorgen. Besonders bei Monosignalen oder Stereosignalen mit einer starken Tendenz in eine Richtung profitieren von dieser Option.

iamReverb-GUI-EQ-Testbericht.png


Klang‑ und Praxiseindruck
Für den Test habe ich eine Rock/Singer‑Songwriter‑Session in ProTools verwendet (Drums, Bass, Akustik‑/E‑Gitarren, Gesang). Bei der Session habe ich alle Automationen und Effektprogrammierungen auf Bypass gesetzt. Für den allgemeinen Klangeindruck habe ich über meine Stereoabhöre abgehört und für die Bewertung der räumlichen Auflösung und Präzision der Paramater habe ich meine Kopfhörer herangezogen. In diesem Abschnitt fasse ich meine Beobachtungen und Eindrücke kurz und knapp zusammen.

Räumlichkeit
Räume klingen nicht nur realistisch, sie fühlen sich auch echt an und es entsteht ein überzeugendes Raumgefühl. Bei geschlossenen Augen fällt es nicht schwer, sich einen passenden Raum vorzustellen. Besonders gefallen hat mir die Auflösung beim An- und Nachhall.

Transparenz
Auch bei extremen Einstellungen bleibt der Klang differenziert und natürlich. Hier scheint die ERM-Technologie ihre volle Stärke auszuspielen.

Kreatives Potenzial
Die instrumenten- bzw. anwendungsspezifische Presets treffen genau den Bedarf. Dabei besteht viel Raum für Experimente mit verschiedenen Parametermischungen. Egal wie man es dreht, die Ergebnisse sind stets inspirierend. Auch wenn keine eigenen IR geladen werden können, bieten die umfangreichen und einfach bedienbaren Parameter in Kombination mit den Presets die Möglichkeit sämtliche Räume zu konstruieren. Daher kann iamReverb auch gut für das Sounddesign, in der PostPro und im Bereich des Game Sounds eingesetzt werden.

Persönlicher Eindruck
Sowohl das Bedienkonzept als auch die erzielten klanglichen Ergebnisse wirken auf mich durchweg positiv. Die klare Beschriftung und das stringente Handling machen das Plug-in zu einer guten Wahl für Anfänger oder jene, die ein schnelles Ergebnis benötigen, als auch für diejenigen, die sich in der Feinheit und im Detail der „Raumgestaltung“ verlieren können. Dieses Reverb Plug-in konnte mich in allen Bereichen überzeugen. Beim Hören der Testsession viel es mir schwer iamReverb im Bypass laufen zu lassen oder stellenweise durch einen anderen Reverb-Effekt auszutauschen – zu gefällig und authentisch war das erzielte Klangergebnis. Wie immer fließen Hörgewohnheit, persönliche Präferenzen, Workflows und Integration in eine subjektive Beurteilung mit ein. Rein objektiv kann festgehalten werden, dass iamReverb sein Versprechen an Bedienbarkeit und Klang halten kann und die technische Umsetzung des Plug-ins anstandslos ausfällt.

Fazit
iamReverb schließt erfolgreich die Lücke zwischen realitätsnaher Convolution und adaptiver Algorithmik. Die ERM-Technologie liefert saubere Reflexionsebenen und einen definierten Klang, während drei Distanzregler, klassische Parameter und iLok-basierte Lizenzierung echte Alltagsfreundlichkeit bieten. Die Kernkompetenz des Plug-ins sind authentische Räume. Der Preis von regulär 270 € ist nicht günstig jedoch bekommt man dafür ein exzellentes Reverb-Plug-in. Wer das Plug-in selbst erleben möchte, kann auf die 14-tägige Testversion zurückgreifen.

Klangbeispiele
Drums ohne iamReverb


Drums mit iamReverb


Gitarren ohne iamReverb


Gitarren mit iamReverb


Vocals ohne iamReverb


Vocals mit iamReverb


Mix ohne iamReverb


Mix mit iamReverb


Alone With You (Full ohne Automation)


Credits
Für den Test habe ich den Song „Alone With You“ von meinem Kollegen Justin Myles verwendet (Spotify, Facebook).

Bewertung
Sound. ★★★★★
Handling. ★★★★★
Funktion. ★★★★★
Preis‑Leistung. ★★★★★
 

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