Radio-Tip: Musikanalyse

[Mike3000]

Hallo zusammen,

seit Kurzem höre ich Radio Eins vom rbb, und bin da eben über eine Rubrik gestolpert, die sehr interessant erscheint:

http://www.radioeins.de/programm/sendungen/mofr1921/musikanalyse/index.html

Der gute Mann nimmt wohl wöchentlich einen Song auseinander (heute war es "Quicksand" von Björk).

Das ganze gibt es dann auch online noch abzuspielen.

Ich werde mir mal "Nothing really ends" von Deus

anhören, oder "Bongo Bong" von Manu Chao

 

[artname]

Danke für den Tip. Hab mir ca. 20 Sendungen angehört und bin gemischter Meinung.

Positiv:
Der Mann argumentiert mit einer Begeisterung, dass man glatt meinen könnte, an ihm sei ein guter Autor verloren gegangen.

Negativ:
Der Mann argumentiert mit einer Begeisterung, dass man glatt meinen könnte, der Mann wüßte nicht, dass Kunst Geschmacksache ist.

Fazit: :
Da mein Herz für die Kunstbegeisterten schlägt, fand ich viel Vergnügen und minimal auch Anregungen.

Gruß

 

[FrauHolle]

Negativ:
Der Mann argumentiert mit einer Begeisterung, dass man glatt meinen könnte, der Mann wüßte nicht, dass Kunst Geschmacksache ist.

Ein Tintenklecks-Bild mag vielleicht genauso berührend sein, wie ein komplexes und kompliziertes Ölgemälde - das sagt aber nichts über die Qualität der Arbeit aus.

Ich finde den Vergleich mit Kindermusik immer ziemlich passand. Die ist für Kinder eine größere Kunst als irgendeine Symphonie. Wenn die Kinder allerdings erwachsen geworden sind und immer noch ein vergleichbares Level konsumieren (wie z. B. Schlager), dann kann man glaube ich nicht nur mit der "Geschmacksfrage" argumentieren.

Es gibt nunmal ein Qualitätsunterschied zwischen Jürgen Drews, M. Krause und einer Bethovensymphonie - um mal diese Extreme als anschauliches Beispiel zu nennen. Und das gilt selbstverständlich auch im Vergleich innerhalb der unterschiedlichen Musikrichtungen, mit ihren bunten Vielfalt an Künstler (Progressive Rock ist nunmal eine andere Schiene im Vergleich zu 08/15 Radio-Rock - auch wenn letzterer sicherlich seine Berechtigung hat)

 

[Saurus]

...passand...

Means what?

...Wenn die Kinder allerdings erwachsen geworden sind und immer noch ein vergleichbares Level konsumieren (wie z. B. Schlager)...

Schlager ist also Kindermusik? Finde ich zu gewagt diese These.

 

[FrauHolle]

Das ist im übertragenden Sinne gemeint. Die Zutaten für Schlager sind vergleichbar mit der für Kindermusik (extrem einfache Melodien und Akkorde, kaum Themenvielfalt, Text auf das Simpelste reduziert - sogar sinnloser Text ist kommerziell verwertbar...).

Schau Dir mal die Struktur von einer Jazz- oder Klassik-Kompo an... dann verstehst Du vielleicht was ich meine.

Diese Musik lebt geradezu. Dafür sorgen Geschwindigkeitsvariationen und Dynamik (Velocity). Allein die Vielfallt der Akkorde, häufig Vierklang, sogar Verminderte/Übermäßige schreien geradezu nach Auflösung. Um die Genialität dahinter zu erkennen, bedarf es aber einer Wahrnehmung, die erfahrungsgemäß der typische Schlagerkonsument nicht hat. Das ist der Grund, warum das nicht umbedingt eine Geschmacksfrage ist, sondern eher eine Wahrnehmungsfrage.

 

[rockfred]

Negativ:
Der Mann argumentiert mit einer Begeisterung, dass man glatt meinen könnte, der Mann wüßte nicht, dass Kunst Geschmacksache ist.

Das ist natürlich wahr. Aber seine Bewertungen kommen auch aus einer speziellen Sichtweise, der eines Musiktheoretikers. Da steckt schon viel Mathematik drin und da spielt Geschmack keine Rolle

Ich finde die Beiträge übrigens sehr gut. Er erklärt mir, warum ich einige Sachen gut finde und was mir anderswo nicht gefällt. Also im Prinzip der Theoretische Beweis meines Geschmacks. Also doch Geschmack, verrückt.

 

[Saurus]

...Die Zutaten für Schlager sind vergleichbar mit der für Kindermusik (extrem einfache Melodien und Akkorde, kaum Themenvielfalt, Text auf das Simpelste reduziert...

Aber das alles sind doch keine Qualitätsmerkmale bzw. auch in der Kunst nicht per se verboten.

 

[BassBurger]

interessant, aber schade. Hatte gehofft es gibt soetwas wie den Popkoffer in den 80/90ern beim NDR
wer kennts noch und hat auch mal den Faxabruf genutzt ?

 

[FrauHolle]

Aber das alles sind doch keine Qualitätsmerkmale bzw. auch in der Kunst nicht per se verboten.

Nein, in der Kunst ist gar nichts verboten. Es gibt doch auch jede Menge tolle Kunst, die sehr einfach gestrickt ist. Manche Köche zaubern aus 'ner "Körriwursch" ein klasse Menü.

Das Argument: "Es ist doch Kunst, deshalb ist alles relativ" ist aber ein Todschlagargument, weil DAS natürlich immer eine Geschmacksfrage ist. Das bremst jede Diskussion oder Bewertung aus. Deshalb bewertet man Musik nach greifbaren Dingen, die aus der Musiktheorie kommen.

Wenn Du sagst, dass das keine Qualitätsmerkmale sind, dann mach doch mal den praktischen Test und bastel mal ein Song mit übermäßigen und verminderten Akkorden - macht man ja in der Regel nicht so oft...

Du wirst feststellen, dass die im Vergleich zu normalen Dreiklangakkorden nicht nur um tonnen schwerer klingen, sondern auch unangenehmer und den Hörer dazu verleiten auf eine Auflösung zu warten... (das ist in der Regel die Hörgewohnheit) ...so richtig schlimm wirds, wenn die gar nicht kommt, wie z.B. im Jazz... Das Gleiche gilt auch für die anderen Mehrklangakkorde. Es ist viel einfacher mit Dur und Moll zu arbeiten als mit diesen... (nur ein Beispiel von vielen, die den Qualitätsunterschied ausmachen...)

Aber natürlich kann auch ein Mickey Krause mit... wie singt der noch? "Geh zu Hause du alte Scheiße!" ganz große Kunst sein - wenn es einen tiefer liegenden Sinn gibt, den noch niemand bemerkt hat. Dennoch ist und bleibt diese Kunst verdammt primitiv und damit meine ich gar nicht mal (nur) den Text!

Soll heißen: Kunst ist fast alles, es ist neutral und sagt nichts über Qualität aus.

 

[Saurus]

...bastel mal ein Song mit übermäßigen und verminderten Akkorden...

...nur ein Beispiel von vielen, die den Qualitätsunterschied ausmachen...

Ich hab scheinbar eine andere Definition von musikalischer Qualität. Zumindest mache ich sie nicht am Einsatz von "Spezialakkorden" fest

 

[clearwater]

Guten Tag Frau Holle

Bevor Du hier weiter solche Vorschläge machst, mach Du doch erst mal einen Song, der sich Schlager nennt, und der die Stadien und Konzerthallen füllt., wo das doch so einfach gestrickte Kindermusilk ist.

BG CW

 

[Mike3000]

interessant, aber schade. Hatte gehofft es gibt soetwas wie den Popkoffer in den 80/90ern beim NDR
wer kennts noch und hat auch mal den Faxabruf genutzt ?

Du meinst doch den "Popkocher". Den gibt es immer noch, allerdings jetzt abends nach 23 Uhr auf NDR Info. Und leider nicht mehr so charmant und ausführlich wie früher. Jetzt gibt es anstatt einem Notenblatt Midis zum Download.

http://www.ndr.de/info/sendungen/nachtclub/Popkocher,nachtclubpopkocherindex2.html

Die erste Sendung die ich damals verfolgte war "We didn´t start the fire", meine ersten Noten von denen war "Runaway Train" von Soul Asylum ... die Feinheiten der Lieder fehlten aber auch da.

 

[FrauHolle]

Ja, Guten Tag Clearwater,

Uahr *schüttel* Ne, lass mal stecken! Den Schlager habe ich schon lange hinter mir. Von daher weiß auch auf praktischer Ebene, wovon ich spreche. Äh, ich meine damit natürlich nur die Musik, nicht die Stadien...

Warum glauben eigentlich Schlageranhänger immer, der kommerzielle Erfolg wäre ein Indikator für solche Fragen. Die Qualität dieser Musik liegt doch nicht in der Komposition, sondern in dem ganzen Drumherum: Marketing, Imagepflege, Live-Show und zugegeben auch die Qualität der Aufnahme bzw. des Masterings. Da steckt natürlich jede Menge Kohle drin, was man auch hört.

Das ist aber ein anderes Thema, denn hier geht es NUR um die Komposition - nichts weiter!

 

[BassBurger]

interessant, aber schade. Hatte gehofft es gibt soetwas wie den Popkoffer in den 80/90ern beim NDR
wer kennts noch und hat auch mal den Faxabruf genutzt ?

Du meinst doch den "Popkocher". Den gibt es immer noch, allerdings jetzt abends nach 23 Uhr auf NDR Info. Und leider nicht mehr so charmant und ausführlich wie früher. Jetzt gibt es anstatt einem Notenblatt Midis zum Download.

http://www.ndr.de/info/sendungen/nachtclub/Popkocher,nachtclubpopkocherindex2.html

Die erste Sendung die ich damals verfolgte war "We didn´t start the fire", meine ersten Noten von denen war "Runaway Train" von Soul Asylum ... die Feinheiten der Lieder fehlten aber auch da.

Jaa Popkocher Danke für den Link! Dachte dass wäre in den 90ern irgendwann offair gegangen.