Testberichte Native Instruments Absynth 6

Die Rückkehr einer Legende

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Lang erwartete Nachfolger sind nicht nur bei Filmen ein Thema: Nach dem Aus von Absynth 5 von Native Instruments hoffte man lange auf Neues. Nach 16 Jahren ist es nun endlich soweit.

Der Absynth 5 war mein GoTo-Synthesizer für außergewöhnliche Sounds. Die Bedienung brauchte eine intensive Lernzeit. Dafür gibt es tolle Möglichkeiten, und ich bin gespannt, was sich geändert hat.

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Das Wichtigste: Endlich gibt es dieses tolle PlugIn als VST3. Das neue Interface sieht nun modern aus – und vor allem viel bunter. In der Mitte werden alle Presets präsentiert – die Farben markieren die Kategorien. Sobald ich über einen Punkt gehe, wird der Name des Presets angezeigt. Die Auswahl erfolgt über einen Mausklick, oder das nächste Preset kann über die Pfeil-Tasten der Computer-Tastatur angewählt werden.

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Die Auswahl wird erleichtert durch mehrere Konzepte. Die Instrumente lassen sich in 19 Kategorien bzw. Typen einordnen, von denen auf dem Bild nur ein paar zu sehen sind.

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Oder man sucht in einer der Bänke.

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Auch der Sound-Charakter steht zur Verfügung.

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Wer es ganz genau einstellen möchte, der kann die Slider nutzen. Das ist echt eine abgefahrene Idee: Sechs Parameter haben einen Regler, dessen rechter und linker Punkt verschoben werden kann.

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Damit kann ich z. B. Sounds wählen, die sehr düster sind, etwas bis sehr agressiv, mittel hallig, Clean bis noisy, etwas evolving und sustained.

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Wer keinen Bock auf viele Punkte hat, kann einfach die Liste aktivieren und dort auch die einzelnen Sounddesigner sehen. Dabei lieben Gruß an Stephan Römer, der ein toller Kollege und Filmkomponist ist. Auch Namen wird Richard Devine, Klaus Baetz oder Jörg Hüttner sollten einem bekannt sein.

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Ein erstes Anspielen zeigt wieder mal, dass Abynth DAS Tool für außergewöhnliche Sounds ist. Die Sounds können alle sehr verschiedene Charakter haben, aber die Stärken liegen vor allem in Sounds, die sich bewegen und immer wieder verändern.

Die Programmierung von Absynth ist eine kleine Herausforderung. Leichter gemacht wird diese über das Menü Fine-Tuning. Sechs wichtige Parameter stehen hier zur Verfügung.

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Wer nicht der geborene Soundprogrammierer ist, kann mit dem Mutator einen Sound abwandeln. Dabei lassen sich die Mutations- und Zufalls-Stärke einstellen.

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In der Mutation History werden alle Zufalls-Produkte aufgelistet und können anschließend abgespeichert werden. Echt klasse!

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Wer der glückliche Besitzer eines MPE-Keyboards ist, kann hier noch viel mehr einstellen. Ich begnüge mich mit meinem Standard-Keyboard mit ein paar Controllern.



Selbst ist der Mann



Im Patch-Fenster findet der Anfang der Soundprogrammierung statt. Auf den ersten Blick ist man erschlagen, aber genau wie bei einem Flugzeug-Cockpit oder einem riesigen Mischpult hilft es, sich auf kleine Teile zu reduzieren. Insgesamt gibt es drei Kanäle: A, B und C.

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Ein Kanal hat drei Elemente, die seriell durchlaufen werden. Es fängt an mit einem Oscillator, worauf zwei Filter folgen. Was auf den ersten Blick simpel aussieht, kann viel komplexer werden.

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Beim Oscillator stehen viele Engines zur Verfügung.

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Der Single Oscillator beinhaltet ca. 30 ‚Simple‘-Wellenformen und ca. 40 ‚Morph‘-Wellenformen. Die Morph-Wellenform sind eine Art Wavetable, die man durchfahren kann. Der FM Oscillator kann wunderbar hart und schmutzig klingen, und mit dem Ringmod Oscillator lassen sich wunderbar Glocken herstellen.

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Der Fractalize Oscillator erzeugt mehrere nach oben transponierte Versionen des Oscillators und erstellt damit Obertöne. Das klingt echt wahnsinnig interessant und alleine mit einem simplen Sinus lässt sich hier schon viel anstellen.

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In die Sample-Engine kann lediglich ein Sample importiert werden. Es gibt also keine Multi-Samples.

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In die Granular-Engine habe ich das Sample ‚Piano Stab‘ eingeladen und die Zeit bzw. Dauer reduziert von 100% (Original-Tempo) auf 0,09%. Das Ergebnis ist ein Rumpeln, das zum Sounddesign inspiriert. Absynth kann also nicht nur ein Instrument sein, sondern auch ein tolle Sounddesign-Tool.

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Der letzte Oscillator ‚Audio-Input‘ ist beim Instrument selbst stumm, ergibt aber Sinn, wenn Absynth als Insert-Effekt auf einer Audio-Spur eingesetzt wird. Damit hat man Zugriff auf die internen Filter und vor allem abgefahrenen Effekte.

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Die Filter sollte man nicht unterschätzen, denn neben ‚dem Üblichen‘ gibt es hier auch Comb, Ringmod, einen Waveshaper und Cloud.

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Ein schöner Cloud-Generator, der granulare Sounds erzeugt.

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Am Ende läuft die Summe aller drei Oscillatoren durch eine Effekt-Kette. Die ersten beiden Effekte M1 und M2 beinhalten wieder die Filter-Sektion. Danach kann einer von sechs Effekten ausgewählt werden. Und die gucken wir uns jetzt an.


Sechs auf einen Streich

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Der Aetherizer stellt zuerst ein Delay zur Verfügung, um einen Raum zu erzeugen, es handelt sich weniger um ein reines Delay. Danach folgen auf der linken Seite die Grains und auf der rechten Seite Tone, bei dem sich das Ergebnis transponieren und filtern lässt. Das Ergebnis ist ein toller Granular-Hall.

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Der Multicomb-Filter kann mit bis sechs Filtern interessante Filter-Rhythmen erzeugen, wenn Zeit und das Panorama unterschiedlich eingestellt sind. Prima demonstriert wird das im Patch ‚Absolute Havoc‘, das einen Drum-Rhythmus spielt, der durch die Effekte noch mal ein spezielles Delay bekommt.

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Die drei Resonatoren bilden das Gegenteil zum Aetherizer. Auch hier wird ein Hall erzeugt, aber eher einen Raum, dessen Delays zu hören sind. Das lässt sich auch wunderbar einsetzen, um ganz spezielle Early Reflections zu kreieren.

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Bei ‚Pipe‘ scheinen Comb-Filter im Spiel zu sein. Der Namen ist Programm: Es klingt nach einem Rohr.

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Die drei Echoes könnten für meinen Geschmack noch etwas weniger subtil sein. Diese sind aber anscheinend auch etwas mehr als Klangbestandteil zu sehen als richtiger Effekt.

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Ähnlich geht es mir mit dem Multitap-Delay. Es wäre schön, wenn es noch mehr Filtermöglichkeiten gäbe, Drive oder Pitch.

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Im oberen Bereich gibt es bei allen Effekten die tolle Möglichkeit, entweder die komplette Summe aller drei Oscillatoren in den Effekt zu schicken oder nur die drei Oscillatoren separat mit eigenem Send-Anteil. Nebenbei gibt es noch ein Highpass- und ein Lowpass-Filter. Wer in Surround arbeitet, freut sich über die Möglichkeit, die Effekte automatisch im 5.1-Feld wandern zu lassen. Das wieder verbunden mit Absynth als Effekt-Plugin, kann echt ein tolles Erlebnis zaubern.


Bewegungs-Wunder

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Die Wunderwaffe sind vor allem die Envelopes. Denn hier kann nicht nur alles moduliert, sondern die Envelopes können komplett frei gestaltet werden. Das ermöglicht LFOs, Rhythmen auf Filtern, lebendige Hüllkurven und vieles mehr. Dabei läuft eine Hüllkurve nicht unbedingt einfach durch, sondern kann per Modwheel, X-Fade, Effect Dry / Wet, Effect Feedback, Aftertouch und mehr beeinflusst werden. Die Fantasie und Vorstellungskraft muss man erst mal haben, dieses Werkzeug einzusetzen. Dabei kann die Analyse bestehender Patches helfen.

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Wer es einfacher möchte, greift auf einen der drei LFOs zurück. Hier stehen dieselben Oscillatoren zur Verfügung wie im Patch-Feld bei der Klangerzeugung. Von einem simplen Sinus bis bin zu komplexen Wellenformen ist also alles vorhanden. Insgesamt sechs Ziele können zugewiesen werden. Wenn das die Oscillatoren im Patch moduliert werden, lässt sich wählen, welcher Kanäle (A, B, C) moduliert werden. So kann auf nur einen Kanal ein abgefahrener Pitch-LFO gelegt werden, während die anderen Kanäle weiter auf der Original-Tonhöhe schweben.

Die LFOs selbst lassen sich im unteren Bereich auch modulieren. Anscheinend nicht durch einen anderen LFO.

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Wer mit der Auswahl der Wellenformen nicht zufrieden ist, kann sich selbst eine malen.

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Oder man malt sich selbst ein Spektrum. Diese eigene User-Waveform kann sowohl im Patch im Oscillator als Klangquelle, als auch im LFO benutzt werden. Für Langeweile gibt es hier keine Entschuldigung.

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Den Abschluss bildet ‚Assign‘. Was mich etwas verwirrt hat: je mehr Stimmen man nutzen möchten, desto leider wird der Sound. Das war bei Absynth 5 schon genauso. Pitchbend lässt sich auf 72 Halbtöne stellen und umfasst somit sechs Oktaven. WOW!

Neben Velocity, Mod Wheel, Aftertouch und Sustain Pedal gibt es 14 Macro Controller. Ich weiß nicht, was das Maximum der zuweisbaren Parameter ist. Aber bei einigen Patches habe ich 20 Parameter gezählt, die auf einem einzigen Macro Controller liegen. Das zeigt aber auch, dass es auf jeden sinnvoll ist, beim Spielen der Sounds mindestens das Mod Wheel zu benutzen und zu gucken, ob es noch weitere Controller gibt, die man nutzen sollte.


Absynth 6 im Video-Test
Nach dem Lesen kommt Hören und Staunen...

View: https://youtu.be/psKAtbuUY2g


Fazit

Absynth 5 überzeugte bereits durch seine vielfältigen Möglichkeiten und wurde von vielen Anwendern geschätzt, auch nachdem der Support eingestellt und das Produkt nicht mehr verfügbar war. Mit Absynth 6 steht nun auch neuen Nutzerinnen und Nutzern ein leistungsfähiges Instrument zur Verfügung. Die Bedienoberfläche ist weiterhin intuitiv gestaltet, sodass sich erfahrene Anwender von Absynth 5 schnell zurechtfinden werden. Über 2.000 Presets bieten zahlreiche Inspirationen für Sounddesign und Analyse sowie die Entwicklung eigener Klänge.

Die neue Version unterstützt bis zu acht Kanäle, was flexible Platzierung und Bewegung im Raum ermöglicht. Der Sample-Editor wurde umfassend überarbeitet und beinhaltet zusätzliche Funktionen. Zwar wurden keine grundlegenden Neuerungen eingeführt, jedoch präsentiert sich Absynth nun in einem modernen und größeren Interface und unterstützt zudem VST3. Diese Weiterentwicklung macht Absynth erneut zu einer attraktiven Lösung für kreatives Sounddesign. Besonders hervorzuheben ist die MPE-Unterstützung, welche weitere Ausdrucksmöglichkeiten eröffnet.


Hersteller: Native Instruments.
Preis: 199 € (Upgrade 99 €)
 

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