Danke der Nachfrage @SoulFrontier
Vielleicht wollte ich auch herausfinden, ob bei mir etwas neben der Spur ist in der Wahrnehmung von Klang.
Psychoakustik ist ein sehr spannendes Gebiet, finde ich. Vor etwa ungefähr 20 Jahren bat mich ein Freund und Profi-Pianist ihn nach seinem Besuch bei mir zum Bahnhof zu fahren. Im Autoradio lief "Rock Around the Clock" von Bill Haley. Wir fanden beide, dass das Ding so wie gerade erst produziert klingt. Frisch und kein wenig nach "verstaubten Oldie". Zu Hause habe ich dann eine Schallplatte von Bill Haley aufgelegt und das klang immer noch frisch. Es kann also nicht allein daran gelegen haben, dass der Radiosender wahrscheinlich irgendwelche "Aufmotz-Effekte" beim Senden verwendet hat.
Mein Interesse ist reines Hobby. Ich befasse mich seit drei Jahren mit Tonbandgeräten und experimentiere viel mit "Vintage"-Technik. Angefangen hat es mit einem Profi-Kassettenrekorder (ein Reportergerät einer "Rundfunkanstalt") von Sony, den ich zum Spaß einfach mal für Schlagzeugaufnahmen ausprobiert habe. Das war schon gut in meinen Ohren. Die Becken und das Spiel mit den Jazz-Besen klangen für mich nach Musik. Anders als mit einem Computer aufgenommen. Doch immer noch irgendwie zu glatt. Inzwischen bin ich bei Röhrengeräten der 50er Jahre, Röhrenvorverstärkern und Mikrofonen der 60er Jahre gelandet. Der Klang der Museumstechnik kommt mit allen seinen Unzulänglichkeiten und Stärken meiner Vorstellung deutlich näher. Habe aber noch nicht genug Kenntnisse zum befriedigenden Umsetzen meines Fimmels.
Diese "Aufregung" und "Spannung" wie bei Bill Haley höre ich in vielen alten Aufnahmen. Bei den Beach Boys sehr häufig und insbesondere auch bei Motown-Produktionen. Und ich entdecke immer mehr davon. Wie aufregend klangen die Rolling Stones mit "It’s All Over Now" schon und nun höre ich zufällig vor einigen Tagen das Original von "The Valentinos". "The Valentions" bestand aus sehr guten Musikern und man kann hören, dass sie eine ganz andere Liga waren als die Rolling Stones. Und dann dieser, wie ich meine, zeitlose Klang der Aufnahme. Es klingt immer noch frisch. Bis zum letzten Knacken der Nadel in der Rille und dem Rauschen.
Sogar die deutsche Band "The Rattles" hatten auf ihrer ersten Scheibe diesen Glanz. Als Student spielte ich in den 70er Jahren in einer Band Schlagzeug und wie fast alle Bands der Welt zu der Zeit musste natürlich was von Chuck Berry aufgenommen werden. Es war ein ganz kleines Studio in Lauenburg mit einer Vierkanal-Bandmaschine und riesigen Metal-Schränken mit Effektgeräten. Das Schlagzeug wurde nur mit einem einzigen Sennheiser MD421 als Overhead abgenommen. Auch diese Aufnahmen (sie sind leider bei mir verloren gegangen) klangen ein wenig nach den Vorbildern aus den großen Studios.
Das alles hat mich nie losgelassen. Vielleicht schon mit den ersten Tönen von Bert Kaempfert und diesem Drumsound aus einem Grundig-Monster-Radio, dass mein Vater damals angeschafft hatte. Nur konnte ich das nicht verfolgen und habe einen Beruf erlernt, der nichts mit Musik und Tontechnik zu tun hat.
Warum will man was? Da stellen sich auch Leute in die Dunkelkammer und entwickeln grobkörnige s/w Filme oder bauen sich eine Lochkamera und fertigen damit Modefotos an. Aus dem Wunsch heraus etwas zu bewahren? Weil das alte Zeug für eine angeblich bessere Zeit steht? Warum mag man denn den alten Schrott, der zudem noch wahnsinnig teuer in der Wiederherstellung ist und schon auch mal Kondensatoren explodieren lässt und irgendwie auch nach Öl und Zigarettenrauch stinkt? Keine genaue Ahnung.
Nun habe ich es noch auf dem Zettel und mir nach und nach ein kleines Studio gebaut, übe das Spielen, lese über alte Technik Berichte, habe das Löten von Adaptern gelernt und versuche einfach diesen Sound und die alten Spielweisen hinzubekommen. Versuch und Irrtum. Meist noch Irrtum. Ist egal. Irgendwann klappt es.
Viele Grüße und ich bitte um Nachsicht für die doch nun recht lange Antwort.
Christian