Gar nicht so einfach für mich, die Songstruktur zu gliedern. Bin mir da nicht überall sicher. Am besten erkenne ich den Teil, den ich Vers nenne. Und das drumherum ist eben einfalls- und abwechslungsreich gestaltet.
0:00 Instrumental Intro
0:18 Vers 1
0:45 Chor-Chorus
1:01 Instrumental Pause
1:15 Vers 2
1:50 Synth Solo
2:22 Break (Frage-Antwort-Chöre)
2:58 Vers 3
3:26 Break 2
3:57 Instrumental
4:06 3/4 Teil
4:33 Instrumental Solo
5:03 Vers 4
5:17 Chromatischer Ausklang
Der Anfang erinnert mich an "All By Myself". Das weckt natürlich auch Erwartungen. Und potztausend, die werden in einem überraschenden Maß auch erfüllt. Also in Sachen episch und dynamisch. Ein ziemlich großer Song!
Die Produktion von so einem richtigen Werk ist natürlich entsprechend herausfordernd. Gleich zu Beginn der Gesang ist mir zu mächtig mit zu viel low end. Wenn man mich für 2 Minuten ans Mischpult gelassen hätte, wären meine Finger reflexartig zum Highpass-Filter geschnellt. Aber ist vielleicht auch Geschmackssache. Auch der Gesang selber wirkt bei den ersten tiefen Tönen nicht ganz sicher. Wenn man mich für 2 Minuten als Produzenten gelassen hätte, hätte ich gesagt: "den Take bitte nochmal". Hätte hätte, place to be.
Bevor ich weiter so detailreich die Einzelerbsen aufzähle, erwähne ich lieber mal, was mir super gefällt. Das Cello zum ersten Gesang, sehr cool. Der Gesang selber ist ebenfalls sehr gekonnt. Das Vibrato sehr gut gemacht, auch im mehrstimmigen Teil, voll sauber gesungen bei 0:58. Langsam stellt sich ein zufriedenes Lächeln beim Möchtegernproduzenten ein.
Die Gitarren kommen als nächster Star auf die Bühne. Klasse gespielt, ergänzen und verzieren den Gesang prima. Die Drums passen auch wunderbar.
Ab 1:50 kommen dem Produzentenmöchtegernbeurteiler dann doch wieder Fältchen aufs Gestirn: der Synthie und das Solo, wunderbar 70er touch und was er spielt ist cool, aber es klingt insgesamt etwas trocken. Das Piano müht sich, die Fülle zu liefern, aber es ist zu dünn für meinen Geschmack. Da fehlt irgendwie noch eine Synthie-String-Ensemble-Abteilung zum auffüllen der Solo-Begleitung. Und ein bisschen mehr Delay oder Hall hätte dem Synthie vielleicht auch nicht geschadet. Hm, bin doch wieder beim Erbsen zählen, das muss mein schlechter Charakter sein. Immerhin ist die Verzierung der verhallten Gitarre wieder sehr gelungen.
Dann der Proggi-Teil ab 2:22, Chöre mit Fragen und Antworten, krumme Takte, viel Dynamik, treibende Gitarren und eine schön gesetzte Synthie-Gegenstimme. Klasse gemacht.
Ab 2:58 wieder ein Vers mit diesen absolut cool jaulenden Gitarren. Der Song wird durch die Könner, an Gitarren auf der einen Seite und an den Synthiy-Keys auf der anderen Seite, sehr aufgewertet. Die Coop hat sich insofern voll gelohnt.
Ab 3:26 dann ein Teil, den ich musikalisch gar nicht sofort einordnen kann. Abwechslungsreiche, komplexe Songstruktur halt. Der 3/4 Takt ab 4:06 wirkt auf mich dann wieder etwas schlüssiger mit diesem tollen Glissando (oder wie das heisst) Abschluss bei 4:31. Cool!
Endlich darf die Gitarre jetzt mal mit einem wunderbaren Solo wieder zur Songordnung rufen für den Abschluss-Vers, mit wunderbarer Steigerung und einer tollen chromatischen Figur in Bass und Co am Ende. Toll!
Insgesamt ein toller Song, ein schöner eingängiger Vers und dazwischen viele coole Progrock-Elemente. Bei der Instrumentierung stechen für mich am meisten die Gitarren heraus, die einfach sehr gefühlvoll und erstklassig gespielt sind. Bei der Produktion und im Gesamtklang gibt es hier und da sicher noch ein paar Luft-nach-oben Abschnitte, aber insgesamt eine reife Leistung. Klangtechnisch ist es auch deutlich dichter und more punchy als ich die 70er in Erinnerung hätte. Ich würde deshalb auch eher sagen, dass das zeitlos klingt bzw. auch was von den Progrock-90ern hat.
Toller Song, genau meine Geschmackslinie, großartig. Vielen Dank für das Hörvergnügen!