Wann ist ein Plagiat ein Plagiat?????

[tubeless]

Diskussionen zum Thema haben wir hier im Forum ja ab und an. Nun bin ich auf ne Aussage von einem Komponisten gestossen, der behauptet, dass erst dann in rechtlichem Sinne von Plagiat geredet werden darf, wenn mindestens vier Takte der beiden Stücke gleich sind.

Zitat von allkpop:
"A composer stated to Osen, “For a song to be considered plagiarized in legal terms, four bars must be completely the same. If you compare the two songs, you can’t say that.”

Dieses Zitat kamm zustande, nachdem einige internationale Netizens drauf gestossen waren, dass der neue Song von SHINee viel Ähnlichkeit haben soll mit einem Song von Luis Miguel.

hier zu lesen:
http://www.allkpop.com/2013/04/sm-e...plagiarism-accusations-for-shinees-dream-girl

Nun frage ich mich und wissende Forenmitglieder, ob an der Aussage was dran ist?
Ich meine mich zu erinnern, dass zu Anfang der Sampling-Zeiten auch davon die Rede war, dass man bis zu 20 sec ungestraft "mitnehmen" dürfe. Das war auch so eine Sache, die sich irgendwer ausgedacht hatte, die aber nicht zutreffend war, und ich frage mich, ob das mit den vier Takten nicht auch so ein Ding ist.........

 

[TinDD]

Was heisst denn "completely the same"? Wenn ich einen HiHat-Schlag weglasse habe ich das dann schon ausgetrickst?

 

[geebee]

Wenn ich einen HiHat-Schlag weglasse habe ich das dann schon ausgetrickst?

Das wäre aber gemein!

Completely the same muss wohl heißen " Gleicher Text, gleiche Harmonien, gleiche Gesangsmelodie" ?

 

[EarlGrey]

Da taucht schon wieder dieses alte Märchen auf. Das ist einfach nicht totzukriegen.

Es kommt nicht auf eine Taktzahl an. In 4 Takte kann ein ganzer Refrain passen. Andererseits gibt es Stücke, in denen 4 Takte lang gar nichts passiert.

Plagiieren heißt einfach gesagt, Werke oder Ausschnitte fremder Werke verwenden und dabei als eigene ausgeben. Im Gegensatz zum Zitat wird die fremde Quelle nicht genannt (ist beim musikalischen Zitat natürlich schwerer, eine Quelle zu nennen, aber ein Beispiel wäre z.B. Roll over Beethoven von ELO - unabhängig davon, dass Beethoven schon länger als 70 jahre tot ist).

Definitiv spielt die Taktzahl für die Frage, ob etwas ein Plagiat ist oder nicht, keine Rolle. Und ich will gar nicht wissen, wer das wieder geschrieben hat.

@TinDD: Die Frage, wie ähnlich etwas sein muss, um als Plagiat zu gelten, ist auch nicht immer einfach zu beantworten.

 

[spacyfreak]

Es gibt Harmoniefolgen die schon millionenfach verwendet wurden.

Hört man sich nen neuen Madonna Song an und lauscht auf die Harmonie-Folge, ist da nicht viel "neues" zu entdecken, was die reinen Harmonien angeht.
Allerdings liegt ne "halbwegs neue" Gesangsmelodie drüber, und Nuancen wie Notenlängen, Rhytmik-Spielchen, Arrangement und Soundauswahl machen es zu einer "Neukompositon".
Und Madonna bzw. Studio kann sich auch suppi Anwälte leisten wo man im Zweifel eher den Kürzeren zieht wenn Max aus Mainz denkt dagegen prozessieren zu müssen da er mit seiner lokalen Rockband nen Song geschrieben hat den er von Madonnas Komponist gemopst worden zu sein zu fühlen glaubt.

Sounds oder Teile zu sampeln und zu verwenden ist eindeutig Urheberrechtsverletzung.
Klar, ist beispielsweise der Refrain extrem wiedererkennbar "gemopst" mit Harmoniefolge UND Gesangsmelodie kommt man aus der Nummer kaum raus vor Gericht. Ansonsten ist es juristisch bei "recht ähnlichen" akustischen Konstrukten ein Glücksspiel, wie das Gericht entscheidet wenn es hart auf hart kommt.

Überlieferungen wie Taktzahl-Übereinstimmung etc sind nicht haltbar, und was "Allgemein-Gut" ist und eine "schöpferische Leistung" ist recht schwammig bzw. interpretierbar.

Kann mir ja nicht die Harmoniefolge C-E-G-D patentieren lassen, das ist Harmonielehre und damit Allgmeingut.
Wenn ich jedoch diese Harmoniefolge WIEDERERKENNBAR in einem "eigenen" Song so rhytmisch, vom Tempo und Notenlängen, Akzenten, Gesangsmelodie verwurste kann ich schnell in einen Rechtsstreit geraten, wenn ich das vermarkten will. Betonung liegt auf widererkennbar.
Wobei auch viele eindeutig "wiedererkennbare" Songs nebeneinander existieren ohne dass geklagt wird.

Im Zweifel vor Veröffentlichen juristisch prüfen lassen wenn es um Geldverdienen geht.
Kam ja öfters vor dass alle Tantiemen abgetreten werden mussten oder die Produktion eingestampft werden musste.

Aber ich bin kein Jurist, gell

 

[Bonzo3000]

Das ist ganz einfach: Ein Plagiat ist es, wenn der Richter sagt, es ist ein Plagiat.

 

[EarlGrey]

Das ist ganz einfach: Ein Plagiat ist es, wenn der Richter sagt, es ist ein Plagiat.

Das hat eine gewisse Logik. Dennoch kann man mit gewissen Kenntnissen und Urteilsvermögen sehr oft die Wahrscheinlichkeit prophezeien, mit der ein Richter eine bestimmte Entscheidung treffen würde. Besonders praktisch ist so eine Orakeloption für alle, die sich mit ihrer Musikproduktion auf ein Terrain begeben möchten, welches Glatteis oder gar Gletscherspalten enthält...

@spacyfreak: reine Harmoniefolgen begründen kein Urheberrecht.
@alle Musiktheoriephobiker: Bitte selber nach Harmoniefolgen googeln.

Im Zweifel vor Veröffentlichen juristisch prüfen lassen wenn es um Geldverdienen geht.

Das möchte ich mal sehen, wie ein Jurist ein neues Stück auf Kollision mit dem gesamten Gema-, AKM- usw. Repertoire vergleicht!!!

 

[tubeless]

Da taucht schon wieder dieses alte Märchen auf. Das ist einfach nicht totzukriegen.

Genau das hatte ich befürchtet.

Dazusagen muss man, dass die Ansage möglicherweise von einem der beteiligten Komponisten kam und alleine deshalb schon mit Vorsicht zu geniessen ist.

Das möchte ich mal sehen, wie ein Jurist ein neues Stück auf Kollision mit dem gesamten Gema-, AKM- usw. Repertoire vergleicht!!!

Das wäre eigentlich ne Sache für ne intelligente Suchmaschine.
Ich hatte gedacht, sowas gäbs schon? Ich meine mich zu erinnern, dass vor Jahren mal so eine Software hoch gepriesen wurde, mit der man derartige Vergleiche veranstalten hätte können - alleine die benötigte Rechenpower soll damals eine weite Verbreitung verhindert haben.
Aber ich hab davon nie mehr was gehört oder gelesen.

 

[zettberlin]

Ich würde mal wagen, eine Regel vorzuschlagen: Wenn der Richter *hört*, dass A so ähnlich wie B klingt...

In dem Fall. um den es hier geht, würde ich weiter wagen zu prophezeihen, dass die Koreaner keine Chance haben(zumal die Ansage zu den 4 Takten total grotesk ist).

 

[EarlGrey]

Ich würde mal wagen, eine Regel vorzuschlagen: Wenn der Richter *hört*, dass A so ähnlich wie B klingt...

Der Richter bedient sich in der Regel eines sog. Sachverständigen, dessen Einschätzung man dann ausgeliefert ist...

Dazu fällt mir die Äußerung eines Richters (allerdings in einer anderen Rechtssache) ein: "Das (Anm. von mir: nicht gerade überzeugende) Gutachten ist dick genug..." Das war das schlagende Argument. Bloß nicht zuviel kritische Denkarbeit reinstecken. Diese Aussage tauchte im Urteil dann natürlich nicht mehr auf (stattdessen stand dann drin: "Nach umfassender Würdigung durch das Gericht...")

 

[Hawkeye1976]

Es kommt auf den Wiedererkennungswert und Charakter an. Beim Telekomjingle sind das gerade mal 5 Töne, aber deren Folge ist charakteristisch und hat Wiedererkennungswert.

 

[Bumblebee]

Hört euch mal den Song Shameless von luca Hänni (ist sehr neu) und den song Say yes von w-inds an.

Ist auch kein plagiat.

Ps. Hab nicht alles gelesen hier.

 

[Ishido]

in dem zusammenhang immer wieder gerne

 

[Riddimkilla]

Ein Plagiat ist ein Plagiat wenn der Anwalt des einen anfängt ne Abmahnung zu schreiben ...


r

 

[Rektum]

Jeder, der heutzutage selbst komponiert, wird früher oder später leidvoll erkennen, dass es nur 12 Halbtöne gibt, die schon seit Jahrhunderten ausgeschlachtet werden. Es ist ohne weiteres möglich, ein Lied zu schreiben, das unbeabsichtigt ein Fast-Plagiat wird. Dann sagen alle, der Song sei geklaut, obwohl jede Note vom Urheber mit zwanzig Litern Herzblut selbst geschrieben wurde.
Auch textlich: Niemand darf mehr "Bochum, ich komm aus dir" schreiben, weil es diese Zeile schon gibt, auch wenn er wirklich aus Bochum kommt.

 

[Nachtschicht]

gibt auch noch den parameter der eigenständigkeit. wir hatten mal nen plagiatsvorwurf wegen drei nach unten aufgelöster dreiklänge.

da hatte tatsächlich jemand eine passage in einem song von sich, die nahezu eins zu eins identisch war. problem nur: den nach unten aufgelösten dreiklang hatte auch er nicht erfunden. wir haben dann mit einem mp3 geantwortet in dem ca. 20 beispiele von exakt jener sequenz aufgelöster dreiklänge zu hören war und mit einer aussage marke "wenn, dann müssten wir uns wohl eher bei mozart entschuldigen" versehen, und dann kam auch irgendwie nix mehr.

und ist genau wie rektum es beschrieben hat - wir haben da rumgebastelt und kannten seinen titel natürlich nicht - wussten aber, dass es eine solche sequenz in der einen oder anderen form sicherlich schon drölftausendmal gegeben haben muss. was ja aber irgendwie auch wurscht ist, in vielen bereichen der popmusik gehts ja heute viel mehr um das "wie" als um das "was".

 

[zettberlin]

Niemand darf mehr "Bochum, ich komm aus dir" schreiben, weil es diese Zeile schon gibt, auch wenn er wirklich aus Bochum kommt.

Das wage ich sehr stark zu bezweifeln. Mir fallen auf Anhieb 5-6 Möglichkeiten ein, genau diesen Satz so in eine Musikstück zu bringen, dass jede Plagiatsklage aus Richtung Grönemeyer auf einen Shitstorm mit anschließender Niederlage Grönemeyers vor Gericht hinauslaufen würde.

Ach so: es gibt übrigens auch noch andere Städte und Regionen mit zwei Silben im Namen:

Cottbus ich komm aus Dir.
Celle ich komm aus Dir.
Castrop ich komm aus Dir.

Und das sind nur die, die nach B im Alphabet kommen....

Nur, wenn man diese alberen Banalität ebenfalls wie ein angetrunkener Kabukidämon herausquetscht und dann lange am "Dir" würgt, wäre es ein erkennbares Plagiat. Oder eben ein Zitat, wenn es in einem ansonsten (hoffentlich!) völlig anderen Musikstück vorkommt.

Zitatrecht für Musik ist aber in DE leider sehr unterentwickelt.