spielen vom Blatt

[suboptional]

Meistens kann ich die Sachen die ich auf Keyboard übe irgendwann auswendig, also ich hab nie so richtig "Spielen vom Blatt" von Grund auf gelernt, und versuche es mir gerade etwas selbst beizubringen.

Gerade spiele ich ein beidhändiges klassisches Stück wo in der linken Hand relativ große Oktav-Griff Sprünge sind, zB G - D - G (eine Oktave höher).

Problem: Ich treffe selten "blind" die richtigen Tasten dabei. Und wenn ich dabei auf's Keyboard schau verliere ich kurz wo ich im Notenblatt bin.

Gibt's da ne gute Vorgehensweise sowas zu lernen oder muß man so Sprünge einfach 1000 mal üben bis man sie blind spielen kann ?

Schaut man als geübter "vom Blatt Spieler" eigentlich überhaupt mal zwischendurch auf's Keyboard / Klavier, oder sollte man sich gleich angewöhnen alles "blind" spielen zu können (also nur aufs Notenblatt schauen) ?

Wie habt ihr flüssiges vom Blatt spielen gelernt ?

 

[cherry50]

Also ich spiele auch nicht vom Blatt, und habe Musikunterricht in jungen Jahren schnell wieder aufgegeben, weil ich genau wie Du alles viel schneller auswendig konnte, als vom Blatt spielen zu lernen.

Heute würde ich wenn ich denn nochmal jung wäre ganz bestimmt nicht aufgeben.

Ich stelle es mir vor, dass es so ähnlich sein muß wie lautes vorlesen. Da muß ich die Buchstaben kennen,
nur bei den Noten auch noch wo ich hinzugreifen habe, mit den ganzen Notenwerten umgehen.

Das muß man glaube ich üben, üben und nochmals üben . Bis man dahin kommt flüssig vom Blatt zu spielen, mein lieber Schwan.

Einmal früher konnte ich mal bei der Probe einer Band anwesend sein, die in drei Stunden einen Auftritt mit einer Sängerin hatten, deren Titel sie nicht kannten.

Die Sängerin kam reinspaziert, begrüßte alle, und verteilte Notenblätter an die Musiker der Band.

Ich war anschließend fasziniert, wie die Jungens innerhalb weniger Zeit an Hand der Noten in der Lage waren alle 6 Titel von der Sängerin zu begleiten.

Das glaube ich sollte ein Berufsmusiker auch beherrschen. Selber habe ich das nie gebraucht, und mich immer schön irgendwie so durchgewurschtelt.

LG Cherry50

 

[Cell_o_Chromos]

Mit der allgemeinen Übung kommen zwei Dinge:

Erstens: Du findest Dich auf dem Blatt schneller wieder, wenn Du mal weggeschaut hast. Und Du liest "vor", d.h. die Augen sind eh 1 oder 2 Takte voraus, damit Du weißt was kommt. Also ist kurzes Weggucken nicht mehr so dramatisch. Die allgemeine Blattsouveränität steigt! (Wobei ich da vor den Pianisten mit ihren zwei Systemen Parallel mit jeweils x noten Gleichzeitig höchsten Respekt habe.)

Zweitens: Die Finger werden sicherer, die Bewegungsabläufe finden Ihren Weg ins "motorische Gedächtnis" wie ich das nenne, bis das irgendwann von alleine geht. Das schafft Sicherheit und macht Kapazität frei zum Notenlesen, Musikalischen Ausdruck, den Plausch mit dem Banknachbarn.

Jeder der sich an den Unterschied in der ersten und der letzten Fahrstunde mit dem Auto erinnert kennt das Phänomen.
Und wie in der Fahrschule führt leider genau nur eines dahin: Üben, Üben, Üben.

Und auf jeden Fall selektiv üben!
Also genau diesen weiten Griff, mit dem Du blind noch Probleme hast einfach am Stück mit der "Ausgansposition" und zurück wechseln. Bis die Nachbarn anfangen zu Pöbeln weil ihnen das "Klang->Klong->Klang-Klong" doch zu viel wird.
Das bringt Zillionen mal mehr als das ganze Stück runter zu hudeln und an der "Schadstelle" kleben zu bleiben.

Macht keinen Spaß, drum mache ich das selber zu selten. Und kriege die Ohren langgezogen von meiner Lehrerin, mache es dann doch und denke "Heureka, das bringt ja richtig was!"

 

[suboptional]

Danke schonmal für die Antworten

Was ich bisher rauslese:

- üben, üben, üben (joahh...)

- vorauslesen (guter Punkt, hatte ich nicht aufm Schirm, wird aber wohl noch lange dauern)

- selektiv üben (auch gut, mach ich auch zu wenig)

Nachbarn pöbeln nicht da ich mit KH übe

 

[clemenserwe]

Zu meinen Unterrichtszeiten am Klavier hat der Lehrer noch einen Zeichenblock über meine Hände gehalten, so dass ich sie nicht sehen konnte. Egal ob Blattspiel oder spielen von anderen Stücken.

Das ewige "nicht auf die Finger gucken" hat wahnsinnig genervt.

Heute bringt es mir zwei Vorteile, größtenteils bind spielen zu können:
- Augen sind frei - z.B. für Blickkontakt mit den hübschen Mädels im Publikum. Dummerweise schauen die nie zurück … (im Ernst - Blickkontakt zum Publikum ist wichtig)

- Augen sind frei, um sich auf die Mitmusiker zu konzentrieren. Wenn ich sehe was er macht oder Vorhat, kann ich mein Spiel direkt anpassen.

Es gibt immer noch genug Stücke, die ich nicht blind spielen kann (und genug, die ich gar nicht spielen kann), aber blind spielen ist auf jeden Fall eine wünschenswerte Fähigkeit.

Clemens

 

[Kollege]

Was ich bisher rauslese:

- üben, üben, üben (joahh...Lachen)

nichts geht, was nicht geübt wird...

Die besten Musiker, die ich kenne, können nicht vom Blatt spielen. Das soll jetzt nicht heißen, daß man als musikalischer Analphabet automatisch besser spielt, aber das fällt doch immer wieder auf...

 

[Cell_o_Chromos]

Noten lesen können ist nach meinem dafürhalten in erster Linie großartig, weil es leichten, schnellen und reproduzierbaren Zugriff und leichte Kommunikation erlaubt.

Der Fall, dass "live" direkt vom Blatt gespielt wird ist eher selten, und natürlich spielt jemand der das Stück in- und auswendig kennt das Stück besser. Die Noten sind also Hilfreich beim Handling

In den Orchestern steht der Wisch vor der Nase auch nur als Erinnerungsstütze, weil 2h Beethoven doch zu viel Material sind, als dass Dutzende Menschen das ohne Stütze fehlerfrei zusammenspielen könnten.
Aber natürlich kennen die das Stück durch endlose Übungen auch sehr gut, wenn das Orchester gut ist.

Noten sind ein praktisches Hilfsmittel beim Musikmachen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Und wie bei allen Werkzeugen muss man richtig damit umgehen, damit der Deal gut aufgeht und man kein drehleiherartiger Papierabspielroboter bleibt.

 

[Froschkapitaen]

[ref=[URL]https://recording.de/Community/Forum/Instrumente/Synthesizer_und_all_Keys/187965/Post_2106136.html#7]Cell_o_Chromos[/URL] schrieb in #7: [/ref]...Und wie bei allen Werkzeugen muss man richtig damit umgehen, damit der Deal gut aufgeht und man kein drehleiherartiger Papierabspielroboter bleibt.

Eben.

Bei grossen Sprüngen wirst du IMMER auf die Tastatur schauen müssen.
Wichtiger ist zu wissen, wo du im Notentext warst. Flüssig vom Blatt zu spielen bedeutet auch, dass man das Stück einen Teil auswendig kennt. Man liest die Noten dann nicht mehr wirklich einzeln.