Produzieren von "Newcomern": Förderung vs. Geld verdienen

[lala-mann]

Hallo zusammen,

ich grübel schon eine ganze Weile über folgende Frage: Wie gehe ich als Produzent am besten mit möglichen Newcomern um, die (in meinen Ohren) gute musikalische Ansätze haben, sich eine Studioproduktion finanziell aber nicht leisten können?

Zur Situation:
- ich verdiene meinen Lebensunterhalt (noch) nicht mit der Musik und kann mir dadurch ganz gut aussuchen, welche musikalischen Projekte ich durchführen möchte. Mittelfristig würde ich dennoch gerne mehr Musik als "realen" Job machen, heißt, dafür müsste natürlich das "musikalische Entgelt" stimmen.
- es gibt einige sehr kreative Menschen, die ich gerne fördern würde da ich an deren Potential glaube. Diese können sich aber eine Studioproduktion/ ein Arrangement/ eine Vocalaufnahme etc finanziell nicht leisten, da sie oftmals noch sehr jung bzw Schüler/ Studenten oder gehaltstechnisch keine Topverdiener sind.

Mein Problem:
- Welchen "Deal" kann ich mit den Künstlern eingehen, um ihnen in Vorleistung eine Produktion/Förderung/ersten Schritt zu ermöglichen aber am Ende als Produzent/Förderer nicht leer da zu stehen?
- Welchen Vertrag kann/ sollte man untereinander eingehen und wo finde ich Vordrucke?
- Oder doch eher "Bares ist Wares", kannst du dir die Produktion nicht leisten: Pech gehabt, warte ich eben auf den nächsten ...!

Hoffe, ich konnte die Situation gut genug beschreiben ...

Wie verfahrt ihr damit?


Ich freue mich auf Antworten und neue (Denk)Ansätze!
Danke und Gruß!

 

[echoRausch]

Eine Lösung des Problems käme der Quadratur des Kreises gleich.

Für "Knebelverträge" fehlt dir einfach die Marktgewalt. Du bist nichts, also hast du auch nichts zu bieten. Demzufolge sind alle Verträge, mit denen du "Talente" an dich binden möchtest, sittenwidrig.

Realistisch betrachtet solltest du in dem Maße fördern, wie du es gut vor dir selbst vertreten kannst - immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass du für das, was du da leistet, keine Dankbarkeit erfahren wirst (außer die augenblickliche).

 

[lala-mann]

Ja, genau da stehe ich jetzt ... ABER gibt es nicht eine Möglichkeit, das anders zu handlen?!

Ich versuche, diese Singe mgl immer aus beider Seiten Perspektive zu betrachten. Ich war ja auch mal jung und froh, wenn mir jemand die berühmte "helfende Hand" gereicht hat.
Von meiner jetzigen Sicht (also mit der "Produzenten-Brille" auf der Nase), ist das Fördern junger Künstler wichtig und sinnig, aber das was ich mir halt an Material angeschafft habe und die Zeit, die ich nicht bei der Familie sein kann, weil ich im Studio hocke, kostet einfach irgendwo Geld ... &-)

 

[holgi]

- Welchen "Deal" kann ich mit den Künstlern eingehen, um ihnen in Vorleistung eine Produktion/Förderung/ersten Schritt zu ermöglichen aber am Ende als Produzent/Förderer nicht leer da zu stehen?

Was ist denn bei den professionellen Produzenten für derartige kleine Anschübe üblich? Haben die, insofern ein kleiner Sänger oder Gitarrist ohne Namen etwas angestupst wurde, einen mittelfristig ertragbringenden Input?

Das würde ich wissen wollen, zuallererst, bevor ich mir an deiner Stelle deine oben formulierten Gedanken machte.

Denn, wenn deine Hilfe keinen Hit produziert der auch Geld einfährt, was will man dann verlangen? Etwas anschieben, ne Melodie komponieren, einen Aufnahme ermöglich ist sehr wenig so es mir scheint im Vergleich zum Gesamtpaket "Künstler".

 

[leary]

du kannst nur deine hilfe und kreativität anbieten und hoffen, dass dies jemand honoriert. keiner kauft die katze im sack. in vorleistung musst du also immer treten.

jemanden an sich zu binden mit verträgen geht nie gut aus, weil keiner zwang mag. außerdem kann man sich aus fast jedem vertrag rausklagen. am ende verlieren alle.

 

[hedelund]

mehr Musik als "realen" Job machen, heißt, dafür müsste natürlich das "musikalische Entgelt" stimmen.

Erst einmal, muß das was Du produzierst stimmig sein, damit es sich auch meistbietend verkaufen lässt.
Wie zb soll denn Deine Hilfe aussehen, wenn Du ja wie Du schreibst selber noch nichts verkaufst.
Das ist eine schlechte Referenz, und ich fürchte, da wird sich gar keiner melden.

Bring Deinen Laden selber erst einmal in Schwung, wenn Du in Zukunft von der Musik leben willst, hast Du damit weis Gott genug zu tun.

Das würde ich Dir raten, und das meine ich wirklich sehr freundlich.

Liebe Grüße
Hedelund

 

[holgi]

Wir haben dieses Thema ja immer mal wieder hier, und genau so regelmässig wie wir das diskutieren kommen wir leicht eskalierend an immer die selbe Stelle.

Mich würde mal etwas interessieren: Warum versuchen jene die diese Fragen stellen/Ziele haben nicht einfach junge aufstrebende Sänger/Sängerinnen usw mit einem netten Betrag an Geld dazu zu bringen, diese Lieder zu trällern?

Es ist ja auch hier so das der TE schreibt einen kleinen netten Fundus an Ideen etc zu besitzen der ja in seinen Augen einige Mühe lohnt. ich meine, gebe ich einem Sänger sagen wir mal ein paar Hunnis wenn ich davon überzeugt bin das der Song funzt und gut ist, oder?

Hab das mal irgendwo gelesen das die "Grossen" es ähnlich machen. Warum nicht mit kleineren Beträgen in kleineren Rahmen?

 

[oliveramberg]

Wenn Du jemanden fördern möchtest, würde ich das "einfach" machen. Je weniger Erwartungen an eine "Gegenleistung" hast, desto mehr kann es Dir Spass machen und erspart Dir jede Menge Frust. Sobald Du ins Vertragliche rutschst, wird's anstrengend und ist meiner Meinung nach ohne Anwalt gar nicht seriös machbar.

Also tu Gutes und freu Dich, wenn's was wird

 

[marcoustic]

Mein Problem:
- Welchen "Deal" kann ich mit den Künstlern eingehen, um ihnen in Vorleistung eine Produktion/Förderung/ersten Schritt zu ermöglichen aber am Ende als Produzent/Förderer nicht leer da zu stehen?
- Welchen Vertrag kann/ sollte man untereinander eingehen und wo finde ich Vordrucke?
- Oder doch eher "Bares ist Wares", kannst du dir die Produktion nicht leisten: Pech gehabt, warte ich eben auf den nächsten ...!

Das ist eine interessante Fragestellung.

Als Produzent, der auch Newcomer fördern will, wird bei mir eigentlich immer ein Produzentenvertrag realisiert.
Laut diesem Vertrag stehen mir (sehr knapp kalkulierte) Produktionskosten zu, welche ich notfalls in Raten in Rechung stelle und weiterhin werde ich ab VÖ mit einem gewissen Prozentsatz am Verkauf beteiligt.
Auf gut geutsch gehe ich in Vorleistung (knapp bemessene Produktionskosten) und bin dafür später am Umsatz beteiligt.

Diese Grundidee funktioniert für mich aber nur, wenn eine realistische finanzielle Basis erkennbar ist.
Wenn hier zB jemand auftaucht, der ne ganze Platte mit 10 Tracks machen möchte, aber das alles mit 800 Euro über 2 Jahre abzahlen will, dann funktioniert das natürlich nicht.

Viele Grüße
Markus

 

[lala-mann]

@all:
generell bin ich da wohl eher auf der "Samariter-Schiene". Alldieweil ich selber als Jung-Musiker jemanden gebraucht hätte, der mir hier und da musikalisch hätte weiterhelfen können ...

Warum also jetzt nicht was zurück geben?

ABER, wie würdet ihr das denn in dem Fall sehen, wenn es sich zwar um einen Jungkünstler handelt, der zwar schon Auftritte mit seiner Musik (mit seinen ersten eigenen Songs gemischt mit Cover) hat und ein wenig (Taschen)Geld verdient, dem aber der Sinn nach mehr ist und der auch durchaus das Potential dazu hat?
Würdet ihr da nicht vielleicht versuchen, auf den "Zug aufzuspringen", um ein u.U. zukunftsicherndes Projekt an Land zu ziehen?

 

[leary]

ein wenig (Taschen)Geld verdient, dem aber der Sinn nach mehr ist und der auch durchaus das Potential dazu hat?
Würdet ihr da nicht vielleicht versuchen, auf den "Zug aufzuspringen", um ein u.U. zukunftsicherndes Projekt an Land zu ziehen?

dann kann er dir ja auch evtl deine unkosten bezahlen, aber meist bleibt doch nichts vom "taschengeld" übrig.

"sichern" kannst du dir aus oben genannten gründen nix. entweder ist deine arbeit so gut, dass der künstler unbedingt mit dir weiterarbeiten will oder eben nicht. es liegt an dir.

wenn jemand anderes in dem künstler potential sieht und ihn mit guten aussichten produzieren will, dann ist der künstler eben weg. pech gehabt.

wenn du aber gut bist, bleibst du im team. so einfach ist das

 

[lala-mann]

Ja ... diese Erkenntnis hatte sich soweit auch in meinem "Hinterhirn" gebildet

Es hilft aber enorm, die Erfahrungen und Handlunsgweisen anderer Kollegen zu erfahren und diese in die eigenen Überlegungen einfließen zu lassen.

 

[echoRausch]

ABER, wie würdet ihr das denn in dem Fall sehen, wenn es sich zwar um einen Jungkünstler handelt, der zwar schon Auftritte mit seiner Musik (mit seinen ersten eigenen Songs gemischt mit Cover) hat und ein wenig (Taschen)Geld verdient, dem aber der Sinn nach mehr ist und der auch durchaus das Potential dazu hat?
Würdet ihr da nicht vielleicht versuchen, auf den "Zug aufzuspringen", um ein u.U. zukunftsicherndes Projekt an Land zu ziehen?

Das kannst du schon versuchen und davon träumen.

Zu 99% geht das aber schief. Dein Künstler trifft irgendwann jemanden, der mehr zu bieten hat als du und aus die Maus.

So einfach ist die Realität.

Solange du damit kein Problem hast, mache und fördere. Wenn du oft genug in die Röhre geschaut hast und den Weg für andere bereitet hast, ohne davon zu profitieren, hat sich zumindest diese Frage in deinem Leben geklärt.

Manchen kann man das erklären, andere müssen es auf die harte Tour lernen.

Merke: Musiker und Künstler gehören zu den undankbarsten und rücksichtslosesten Menschen auf Erden.

 

[User70408]

Heute finanzieren sich doch viele ihre Projekte mit Crowdfunding.
Schau dir das mal an, falls du noch nicht hast.

Schlag deinen Newcomern folgendem Deal vor:
1.) Du investierst als Produzent eine DEMO für Lau

2.) Du unterstützt die Newbis bei der Crowdf. Projekterstellung z.B. bei Startnext
> Ziel ist die Summe für eine komplette Produktion zu erwirtschaften (CD, EP..) von z.B. 5.000 bis 9.000 €

3.) Mit der erwirtschafteten Projektsumme wirst du als Produzent bedacht

So unterstützt du mit deiner DEMO > die es braucht um sich präsentieren zu können < die Künstler. Du trägst zwar das Risiko bei der DEMO, wenn das Crowdfunding Projekt nicht die festgesetzen Unterstützer/Summe erreicht.
Du hast aber einen deal der im Falle der Erbringung der Summe dir einen Geldjob bringt.

.

 

[muffy]

+1 für Marcoustic und Leary.

Denke auch, dass viele zarte Pflänzchen am Anfang mit Künstlerexklusivverträgen, Verlagsverträgen usw erstickt werden. Nichts turnt gerade im kreativen Bereich so ab wie Zwangsehen. Daher Selbstkosten plus Gewinnaufschlag und / oder angemessene Umsatzbeteiligung hinten raus.

Was die Rechte angeht - klar dokumentieren. D.h. von wem ist Text / Musik usw.

 

[lala-mann]

Jetzt geht mir aber ein anderes Szenario durch den Kopf ...

Wie sähe denn euer Vorgehen aus wenn ihr "kostenfrei" und ohne schriftliche Fixierungen gefördert hättet, der Künstler dann plötzlich aber doch gewissen Erfolg hat?
Da schaut man in die Röhre? Nachkarten wird dann doch schwierig?

 

[muffy]

Nachkarten wird dann doch schwierig?

Ja, schon. Schreibst Du den Songs, d.h. komponierst Du Musik und schreibst Texte für die Geförderten?

Ich frage deswegen:


"Der § 32a UrhG (Urhebergesetz) ist Teil des Bestsellerrechts. Er wurde geschaffen, um eine angemessene Beteiligung des Urhebers eines Werkes zu gewährleisten. Dies ist in jenen Fällen vonnöten, in denen der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt hat, welches in einem auffälligen Missverhältis zu den tatsächlichen Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung steht. Dieses "auffällige Missverhältnis" ist in der Regel dann gegeben, wenn der Urheber nur 20 % bis 35 % dessen erhalten hat, was als angemessene Vergütung anzusehen wäre."

Sonst kann man im Bereich des Arbeitsrechts ggf. an Lohnwucher denken, da du aber selbständiger Unernehmer bist, bist du weitestgehend selbst verantwortlich, solche "unvernünftigen" Geschäfte zu machen. Abgesehen käme das auch ziemlich uncool.

 

[lala-mann]

Nachkarten wird dann doch schwierig?

Ja, schon. Schreibst Du den Songs, d.h. komponierst Du Musik und schreibst Texte für die Geförderten?

Teils schon. Dann ist mir aber die Sache von wegen Urheberrecht etc klar. In Sachen "Studioarbeit" ist aber mit "nachkarten" eher Essig, oder?

 

[muffy]

S.o. - wahrscheinlich ja.

 

[lala-mann]

Heute finanzieren sich doch viele ihre Projekte mit Crowdfunding.
Schau dir das mal an, falls du noch nicht hast.

Schlag deinen Newcomern folgendem Deal vor:
1.) Du investierst als Produzent eine DEMO für Lau

2.) Du unterstützt die Newbis bei der Crowdf. Projekterstellung z.B. bei Startnext
> Ziel ist die Summe für eine komplette Produktion zu erwirtschaften (CD, EP..) von z.B. 5.000 bis 9.000 €

3.) Mit der erwirtschafteten Projektsumme wirst du als Produzent bedacht

So unterstützt du mit deiner DEMO > die es braucht um sich präsentieren zu können < die Künstler. Du trägst zwar das Risiko bei der DEMO, wenn das Crowdfunding Projekt nicht die festgesetzen Unterstützer/Summe erreicht.
Du hast aber einen deal der im Falle der Erbringung der Summe dir einen Geldjob bringt.

.

Oh! Interessanter Aspekt! Da ist sie wieder, die Sache mit den Bäumen und dem Wald ... Crowdfunding! Schon oft gehört, aber nicht in Erwägung gezogen!

DANKE!