Nein

[Gel Mitglied 86343]

Ich steh' an der Tür-
und wart', dass du bald kommst.
Aber Nein. ' willst alleine sein.

Alles was du brauchst-
ist ein bisschen Einsamkeit.
Aber Nein. ' lass' dich nicht allein!

' hol' dich wieder ein.
' hol' dich wieder heim.

Du bist so weit weg!
Ich kann dich kaum noch sehn.
Ein kleiner Punkt im Meer der Zeit.
Du sollst nicht untergeh'n!

Such' dir ein stück Holz-
und halt' dich daran fest.
Und vergiss nicht: Komm' bald heim.

' hol' dich wieder ein.
' hol' dich wieder heim.

Der Sturm hat dich erfasst.
Du merkst, du bist allein.
' hast die Chance verpasst.
Komm endlich wieder heim!

' hol' dich wieder ein.
' hol' dich wieder heim.

(Ed.)

 

[Burkie]

Hallo,

für mich klingt das auf den ersten Moment so,
als würde sich der Ich-Erzähler, das Lyrische Ich (LI),
ungefragt einmischen in das Leben des lyrischen Dus (LD).

Vielmehr, als würde das LI das Leben des LDs vergewaltigen.

Das LI macht Besitzergreifungsansprüche auf das Leben des LDs gelten.

Das macht das LI für mich nicht sympathisch.

Das hängt mit der ersten Strophe zusammen:

Alles was du brauchst-
ist ein bisschen Einsamkeit.
Aber Nein. ' lass' dich nicht allein!

Was das LD braucht, lässt das LI nicht zu - warum nicht?
Das wird an dieser Stelle nicht klar.
Und später ist die Meinung der ersten Strophe schon gefestigt, um in den nächsten Strophen einen Umschwung zu bewirken.

Was ist die Aussage des Textes?

Gruss

 

[Gel Mitglied 86343]

Hallo Burkie,

bin überrascht, wie genau du das Wesen der Beziehung beschreibst.
Auch, wenn es aus Liebe geschieht, die Intension des LIs bedeutet eine Einflussnahme auf das Leben des LDs.

Was das LD braucht, lässt das LI nicht zu - warum nicht?

Das LD braucht Abstand von Allem, um auch die Folgen einer Beziehung zu einer dritten Person zu verarbeiten

Und später ist die Meinung der ersten Strophe schon gefestigt, um in den nächsten Strophen einen Umschwung zu bewirken

Also, die Reihenfolge der Strophen wurde schon geändert, um Verse mit gleicher Zeilen-Anzahl in Gruppen dar zu stellen.
Vers Nr. Vier und Fünf habe ich jetzt wieder gegeneinander ausgetauscht.

Was ist die Aussage des Textes?

Thema ist die persönliche Entfremdung von Partnerschaft, Familie und Gesellschaft.
Der Text steht in Zusammenhang mit einer weiteren Folge:

Satellitenstaat

Halt´ Dich fest! Die Zeit vergeht viel zu schnell, um richtig hin zu seh´n.

Alle Regeln, die früher richtig war´n: verschwommen im Chaos einer neuen Zeit.

Via Satellit, begrüßen wir die neue Wirklichkeit!

Sieh´ Dich vor, sonst ist´s zu spät; bist Du am Ende nicht bereit!

 

[artname]

Lieber @malles, ein Schelm, wer sich böses dabei denkt. Da ich dich als forminteressenten Leser und Schreiber einschätze... ähm... könnte es sein.... dass du hier mit Assonanzen spielst? Ich komme darauf, weil der Text inhaltlich recht allgemein gehalten ist. Das drängt sich MIR immer auch der Gedanke auf: Hier könnte einer vordergründig mit der Form spielen...

Aber inhaltlich ist der Text ebenfalls recht interessant. einerseits gestehst du dem LD zu, dass es die Einsamkeit sucht. Andererseits will das LI das LD aus seiner Einsamkeit "rausreißen"....Wie auch immer man darüber denken mag... dieser interessante Widerspruch steckt drin. Allgemein genug formuliert, um für mich als Leser Spielräume zu entdecken.

Ich steh' an der Tür-
und wart', dass du bald kommst.
Aber Nein. ' willst alleine sein.

Alles was du brauchst-
ist ein bisschen Einsamkeit.
Aber Nein. ' lass' dich nicht allein!

' hol' dich wieder ein.
' hol' dich wieder heim.

Du bist so weit weg!
Ich kann dich kaum noch sehn.
Ein kleiner Punk im Meer der Zeit.
Du sollst nicht untergeh'n!

Such' dir ein stück Holz-
und halt' dich daran fest.
Und vergiss nicht: Komm' bald heim.

' hol' dich wieder ein.
' hol' dich wieder heim.

Der Sturm hat dich erfasst.
Du merkst, du bist allein.
' hast die Chance verpasst.
Komm endlich wieder heim!

' hol' dich wieder ein.
' hol' dich wieder heim.

 

[Gel Mitglied 86343]

Dank dir, @artname !

wie gewohnt hast du den Aufbau in wenigen Zügen durchleuchtet. Deine und auch @Burkie 's Analyse zeigen mir Wahrheiten auf, die mir bis jetzt einfach noch nicht klar und offensichtlich waren.

könnte es sein.... dass du hier mit Assonanzen spielst?

Durch das, was im Textforum in letzter Zeit zu lesen war, habe ich erst eine theoretische Vorstellung von Assonanzen und weiteren Techniken bekommen. Bewusst ist die Form auf keinen Fall entstanden.
Vielmehr hat sie ihren Ursprung in einem Stück Gitarrenmelodie, die Satz-Stücke hervor brachte. Diese Stücke sind wiederum weiter gesponnen und mit der sich gleichzeitig weiter entwickelnden Melodie in Einklang gebracht worden.

Offen gesagt enstehen solche Gegenstände bei mir fast nur über längere Zeit. Es ist eine unbekannte, abgeschlossene Wirklichkeit, in der sie wie eine Glasscherbe im Meer zu einen schönen, durchsichtigen Stein mit wohligen, runden Formen werden. Am Ende stehe ich davor, als hätte es jemand anderes geschrieben.

Mir ging es bei dem Posten einmal um die Wieder-Entdeckung einer aufgegeben Richtung und dann um die Ausschau nach neuen Entwicklungs-Perspektiven. Ein puristisches Arrangement im Liedermacher-Stil ist fürs Forum wohl zu wenig. Vielleicht soll es aber auch nur genau so bleiben.

dieser interessante Widerspruch steckt drin. Allgemein genug formuliert, um für mich als Leser Spielräume zu entdecken.

Fein, dann ist eine grundlegende Voraussetzung für einen Song ja schon da!

 

[mwa]

Lieber @malles Dein Text spricht mich an. Aus verschiedenen Gründen. @Burkie und @artname haben das schon viel besser gesagt, als ich es könnte. Was mich besonders reizt, ist diese gewisse Offenheit, das "Unfertige". Da sind lauter Leerstellen, die man mit Klängen füllen kann. Dann auch die Räume: Du fängst mit der Tür an und ich sehe einen geschlossenen Raum vor mir, vielleicht dunkel, ein Trappenhaus? Kurz darauf ist da das "Meer der Zeit" und der "Sturm". Ganz andere Athmo. Spätestens da merkt man, daß es vielleicht nicht nur darum geht, daß einer mal in Ruhe gelassen werden will. Was wir ja alle hin und wieder genießen. Zum Musik machen z.B.?
Genau genommen ist mir persönlich der Standpunkt des LI erst einmal fremd und unsympathisch. Dann aber wieder doch nicht.... Ich spüre da viel Spannung. Die sich auch in der Musik aufbauen könnte. Breit und weit und laut werdend wie der Sturm auf dem Meer...
Liebe Grüße, mwa

 

[Gel Mitglied 86343]

Ich spüre da viel Spannung. Die sich auch in der Musik aufbauen könnte. Breit und weit und laut werdend wie der Sturm auf dem Meer...

was für eine schöne Beschreibung!
Ich habe das wohl auch durch deine Wasser-Bilder wieder entdeckt. Diese Art Text passt eben so gut zu den Klang-Farben und -Formen. Nimm es ruhig auf, wenn dir danach ist. Dafür ist es ja da. Wenn es sich in anderen Händen verändert, gewinnt es nur hinzu.

 

[mwa]

@malles ja, ich würde gerne was probieren mit deinem text. hab schon eine idee. mal sehen, ein bißchen spielen damit, vielleicht wirds was?
Eine Frage: Warum hast du die Personalpronomen weggelassen?

 

[Gel Mitglied 86343]

@malles ja, ich würde gerne was probieren mit deinem text. hab schon eine idee. mal sehen, ein bißchen spielen damit, vielleicht wirds was

Eine Frage: Warum hast du die Personalpronomen weggelassen?

Die Personalpronomen legen die Person eindeutig fest. Beim Weglassen entsteht Mehrdeutigkeit.
'Ich hole Dich wieder heim' kann dann auch als Apell verstanden werden:
'Hole dich selbst wieder heim'. D.h.: Du bist außer dir. Du musst zu dir selbst zurück finden.
Das muss aber nicht so sein. Im Gegenteil: Veränderungen sind willkommen und spannend!

Edit: an manchen stellen ist es sogar sinnvoller, die Person eindeutig zu benennen.

 

[mwa]

Du bist außer dir. Du musst zu dir selbst zurück finden.

Das leuchtet mir ein bis auf die erste Strophe, wo mir das "Du" fehlt. Bei "Aber Nein. 'willst alleine sein." Wenn ich das "Du" dort mitlese, singe, denke, dann ist das eine Betonung, daß das LD allein sein will, das LI aber nicht.

Das muss aber nicht so sein. Im Gegenteil: Veränderungen sind willkommen und spannend!

Wie meinst Du das? Daß ich z.B. das "Du" dort einfügen dürfte?

 

[Gel Mitglied 86343]

Du bist außer dir. Du musst zu dir selbst zurück finden.

Das leuchtet mir ein bis auf die erste Strophe, wo mir das "Du" fehlt. Bei "Aber Nein. 'willst alleine sein." Wenn ich das "Du" dort mitlese, singe, denke, dann ist das eine Betonung, daß das LD allein sein will, das LI aber nicht.

Das muss aber nicht so sein. Im Gegenteil: Veränderungen sind willkommen und spannend!

Wie meinst Du das? Daß ich z.B. das "Du" dort einfügen dürfte?

Natürlich geht alles: Zerlegen, hinzu dichten, wie Du magst! Es freut mich doch und Deine 'schöne Musike' kann es nur veredeln.
-zu das mit dem 'Du' in der ersten Strophe und bei "Aber Nein. 'willst alleine sein."
-Das kann sich ruhig alles verändern. Bin da echt net so.