Musik hören wieder erlernen

[AWF]

Hi,

kennt ihr das auch?

Zuerst hört man Musik. Findet die Musik gut, dabei fällt einem gar nicht auf das die eine Bassnote immer lauter ist wie die andere.
Man geniesst richtig die Musik, lässt sich in die Musik reinziehen.

Dann beginnt man mit Tontechnik. Plötzlich hört man die zu laute Bassnote die auf ein Raumproblem hinweist. Ständig findet man etwas was einem stört.
Irgendwann geht man nur noch analytisch beim hören vor: oh..ein Plattenhall...ein Small Clone Phaser auf der Eminent usw.

Und nun kommt es:

Man mischt und mischt im Prinzip nur noch nach Sound. Am Schluß hört man sich den Mix an und es klingt nicht gut, obwohl man alles richtig gemacht hat.

Mein Schlussfolgerung:

Man kann während des Mischens nicht mehr auf den Musikhörmodus umschalten. Man hängt ständig in diesem Soundhörmodus fest.

Ich fand es sehr schwer wieder Musik hören zu können. Im Mix zwischen den Modus wechseln zu können. Denn einmal am Bass geschraubt, hat man ständig den Bass vor Augen. Wieder zurücklehnen und sich auf die Musik und nicht auf den Sound zu konzentrieren empfand ich als sehr schwer.

Lustig fand ich meinen Wandel bezüglich Andrew Scheps. Vor Jahren fand ich seine Mixe schlecht, als ich noch in der Soundhörphase verloren war, heute finde ich seine Mix klasse.

CLA fand ich damals gut, dafür heute nicht so gut.

Wer von euch hört den noch Musik ohne zu analysieren? Meine Lösung war jeden Tag Musik hören im Bus oder Bahn und über andere Dinge zu denken. Seit dem höre ich auch wieder Musik und kann auch im Mix zwischen den Welten springen.

Wollte einfach mal das loswerden und habe mich gefragt wer noch so alles mit diesem Problem zu kämpfen hat/te.

 

[andy_g]

Am Ende sind es immer Emotionen die man verkauft. Die Musikalität scheint bei vielen hier oft, z. B. beim Mischen in Diskussion, Kritik und Umsetzung eine untergeordnete Rolle zu spielen.

Beim Mischen ist glaube ich beides gefragt... analytische Musikalität.

Ich glaube die Art wie gearbeitet wird auch was ich hier so lese macht es nicht einfacher einen musikalischen Faden zu verfolgen, z.B. die Analyser Guckerei wo ganze Songs vorrangig nach Kurven bewertet werden. Ich meine nichts gegen einen Analyzer um mal eine Störfrequenz gezielter aufzuspüren.

Bin gespannt auf Beiträge ist ein sehr wichtiges Thema!

 

[Nachtschicht]

musikalität > sound. immer.

muss man sich wirklich hart zu erziehen, aber darf man getrost als uneingeschränktes dogma stehen lassen, finde ich.

 

[SOS]

das thema würde auch in den mix-phasen thread passen...

in den musikhörmodus zu switchen im mixmodus ist wirklich schwierig. ich kann mich zwar dazu zwingen und das ein stück weit erlernen, aber es ist nie dasselbe, wie wenn ich nebenbei bei einem bier an einem sommerabend im garten musik höre.

beim mischen arbeitet man an etwas, d.h. analysieren, entscheidungen treffen, umsetzen, vergleichen etc... auch wenn ich versuche völlig "von aussen" zu hören, habe ich im hinterkopf immer die arbeit, ein ziel, analysiere wo ich bin und wo ich hin will... das hören hat in diesem moment einen klaren zweck, nämlich einen mix zu machen, zu optimieren etc. d.h. ich muss irgendwo "im sound" sein, sonst bringt mir die übung nix... beim hören im garten ist keine absicht, kein ziel vorhanden. daher denke ich, ist der switch nicht 100% zu schaffen... weil der grund des hören ein ganz anderer ist, der zwingend mit der momentanen tätigkeit (oder untätigkeit) verknüpft ist... versteht man ungefähr was ich meine?

 

[ElectricSheep]

Ich glaube teilweise hängt es davon bei mir etwas ab, woran ich gerade arbeite, vielleicht auch dann, wenn ich noch nicht zufrieden bin.
Wenn ich gerade darüber nachdenke, ist es meist so, dass ich Musik, die nicht auf meinen Geschmack trifft (zumeist das, was im Radio läuft), analytischer betrachte oder gar überhaupt analysiere, als die Musik, die ich höre, um sie zu genießen.
Stecke ich nicht gerade in einem Projekt fest, komme ich auch gut in den Genuss rein. Ich kann darauf zappeln oder sie gut meine Stimmung unterstreichen lassen.
Musik, die nicht bei mir andockt, geht dann schneller in die Analyse. Das ist aber keineswegs für mich negativ behaftet!

Wenn ich analysiere, dann gleichermaßen technisch, wie musikalisch, dass ich versuche dahinter zu steigen, warum, wie, weshalb zu einem bestimmten Zeitpunkt usw. Irgendwie möchte ich verstehen, was es ausmacht, warum Lieder mich musikalisch oder technisch nicht erreichen.

Ältere Sachen kann ich z.B. auch genießen, gerade weil ich sie analysiere, weil es mich immer wieder begeistert zu hören, was klanglich zu leisten war, bevor es Mikroskop-Monitore und -Analyzer im heutigen Umfang gab.
Den Hut zu ziehen, finde ich auch angenehm.

 

[verflixte13]

schönes thema! ...

... aber so ist das eben mit den geistern, die man rief ...
erst müht man sich den "soundhör"-modus zu erlernen
und dann wird man den kaum mehr los.

das mit dem "garten"/nebenbei zu hören, das kenne ich gut,
aber funktioniert auch nur bedingt, weil es ja eher eine
untermalung für etwas anderes darstellt ... das aber auch
völlig legitim ist ... denn musik wird oftmals nur als
hintergrund-element konsumiert.

erst vor kurzem bin ich mal wieder auf meinen
"soundhör"-modus gestossen/hereingefallen, als mir ein freund
die 3. doppelscheibe der Anthology-reihe, der Beatles,
geschenkt hat ... beim ersten hereinhören -->

was soll denn der mist??? ...

miese/schepprige sounds, die instrumente zum teil noch ungelenk vorgetragen,
die stimmen noch ziemlich wackelig (zum teil noch ohne fertigen text) ...
also, die berechtigte "soundhör"-frage -->

wie konnte diese band nur so berühmt werden?

aber, dann hat der "switch" doch gefunzt und das hatte
einen einfachen grund --> die musik/die songs sind dermaßen gut,
dass sie alles andere überwinden können.

"vielleicht", nur eine vermutung, ist der "soundhörmodus"
bei vielen heutigen produktionen auch der einzige grund
warum es produziert wurde? ... weil sich sonst auch wenig
neues finden lässt ... oder anders formuliert -->

der sound an sich ist oftmals das thema/sich selbst genug ...
und der musikalische inhalt, mal mehr oder minder, austauschbar. LG

 

[Manoloco]

David Guetta mag subjektiv ein Vollhorst sein. Sein Kinderliederprogramm 2015 unterstreicht das ganz gut. Objektiv gesehen, muss man jedoch die Soundleistung goutieren. Wenn also nichts mehr am Song hält, kann zumindest der Mix den Körper von Bauch bis Kopf mitreissen.

Andersrum, fällt mir das ebenfalls sehr viel einfacher. Sprich interessiert mich bei einem Song, welcher mich anspricht die Qualität an sich nicht die Bohne. Ein toller Song steht immer vor der technischen Umsetzung.

So. Das aus Sicht als externer, nicht-involvierter Hörer

Als Mischer bzw Mittäter der akustischen Verbrechen, steht die Umsetzung von nicht-beeinflussbaren externen Material mit schlag mich 70% technischem Aspekt, 30% unterstreichend, musikalisch. Da sind die Grenzen fliessend. Die Technik soll ja dem Song dienen, ihn unterstreichen. Je mehr Spass am Song selbst hängt, desto intuitiver kommt der Songdienliche Aspekt ins Spiel.
Je weiter entfernt man von einem Wunschresultat ist, desto technischer ist die Herangehensweise.

Ich phylosofier nicht so gern... da öffnen sich immer Abgründe
Frohes Weihnachten!

 

[Lobotomeandyou]

Je mehr mich ein Song antörnt, desto weniger analysiere ich ihn.
Sollte da allerdings ein ganz grober Mischfehler drin sein, dann entsteht natürlich schon 'ne gewisse Reibung in Kopp und Ohren, klar.


Mit dem Material in so'nem Forum bin ich da generell etwas kritischer beim Hören, weil hier ja vor allem Feedback erwünscht ist.

 

[RonB]

Wer von euch hört den noch Musik ohne zu analysieren?

Interessantes Thema! Man kann ja auch musikalisch bezogen analytisch hören. "Ah ein Sextakkord an dieser Stelle usw..."
Zuweilen passiert es mir, dass der "Analyse-Fritze" schweigt. Dann hat der Komponist/Arrangeur/Mischer/Techniker alles richtig gemacht und man genießt das Ergebnis (sofern einem die Musik liegt)

Man mischt und mischt im Prinzip nur noch nach Sound. Am Schluß hört man sich den Mix an und es klingt nicht gut, obwohl man alles richtig gemacht hat.

Dann läge ja die Schlussfolgerung nah, dass man vorwiegend musikalisch mischen sollte?

 

[Lobotomeandyou]

Dann läge ja die Schlussfolgerung nah, dass man vorwiegend musikalisch mischen sollte?

Ist doch untrennbar miteinander verwoben.

Man sollte ja auf Kompositions- und Arrangementebene schon darauf achten, dass sich da nicht verschiedenste Instrumente im Frequenzspektrum zu stark überlappen, verwischen, maskieren ..... Man sollte schon wissen, in welchem Oktavbereich man die Instrumente jeweils einsetzt. Insofern sind die Prozesse stark miteinander verflochten.

Den Hut zu ziehen, finde ich auch angenehm.

Generell ganz praktisch. Durchlüftet die Birne auch von außen.

 

[RonB]

Ja, lobo, deswegen schrieb ich ja das kleine Wörtchen "vorwiegend".

 

[TheSnatcher]

Dass ich Musik zB im Radio mittlerweile fast direkt anfange zu analysieren anstatt einfach zu hören hat für mich eigentlich auch immer nen gewissen Fun-Faktor. Wenn ich aber Musik kaufe (ja, ich kaufe tatsächlich immer noch gern CDs! ), dann ja zum Genießen, was ich auch noch relativ gut kann.

Über kurz oder lang fang ich dann doch an zu analysieren - aber mehr aus Neugierde: "Wie tickt der Song?" "Warum tickt er so, was macht ihn aus?" - ich will den Song verstehen, nicht kritisieren. Das mach ich mit dem Chart-Schrott aus dem Radio

Soll heissen: Find ich einen Song gut, dann will ich den so weit wie möglich verstehen. Find ich ihn schlecht, suche ich "Fehler", die ich vermeiden kann(hoffentlich XD)

Musikalität > Technik ist für mich Grundsatzregel

 

[schnuffke]

Soll heissen: Find ich einen Song gut, dann will ich den so weit wie möglich verstehen. Find ich ihn schlecht, suche ich "Fehler", die ich vermeiden kann(hoffentlich XD)

Finde ich einen Track schlecht, dann mache ich ihn aus - und das unverzüglich.

 

[Manoloco]

Dass ich Musik zB im Radio mittlerweile fast direkt anfange zu analysieren anstatt einfach zu hören hat für mich eigentlich auch immer nen gewissen Fun-Faktor. Wenn ich aber Musik kaufe (ja, ich kaufe tatsächlich immer noch gern CDs! ), dann ja zum Genießen, was ich auch noch relativ gut kann.

Radio-Musik analysieren ist super! Dann da gerät der klangtechnische Hintergrund aber so was von in solchen

 

[oliveramberg]

Gute Songs sind noch besser, wenn sie gut klingen. Schlechte Songs bleiben schlechte Songs auch wenn sie perfekt produziert wurden.

Ich habe so viele Scheiben die so beschissen klingen, aber immer wieder gespielt werden, weil die Songs und der Vibe super sind.

Wenn nich mir so gepriesene Hammerproduktionen anhöre, bin ich meist kurz vor dem Sekundenschlaf. Ob Madonna nun im Sub-Bereich das Gelbe vom Ei ist - was soll's?

Wenn ich mir "The Dead Weather" anhöre (ich wollte jetzt nicht Led Zeppelin oder Sabbath bemühen), rumpelt es an allen Enden. Bei "The Kills" das Gleiche. Aber die Musik berührt mich.

Ich achte eher mal auf die Musiker. Ist der Drummer von einer anderen Welt, ist das Solo atemberaubend etc.

Und wie gesagt. Wenn die Produktion dann auch noch stimmt ist es himmlisch!

 

[TheSnatcher]

Finde ich einen Track schlecht, dann mache ich ihn aus - und das unverzüglich.

Manchmal hab ich je nach Begleitung nicht so die Wahl Dann kann ich wenigstens ein bisschen Spass haben. Und meine Umgebung nerven, zB mit Sprüchen wie "Oh mann, was für ein generischer Text" oder "Das hätt man aber auch anspruchsvoller machen können"

Manchmal bin ich gern ne Nervensäge

Was das in den Hintergrund rücken angeht, bin ich mir nicht so sicher - ich mein, man hört ja zumindest die Klangbearbeitung raus (oder ich bilde mir das nur ein ), was ja auch schon interessant sein kann

 

[Cruba]

Genauso war es als ich anfing Schlagzeug zu spielen. Früher einfacher Musikhörer, fing ich plötzlich an in allen Songs das Schlagzeug auseinander zu nehmen... Irgendwann machte das Musikhören keinen Spaß mehr. Hat sich dann mit der Zeit gelegt.

 

[schnuffke]

Gute Songs sind noch besser, wenn sie gut klingen. Schlechte Songs bleiben schlechte Songs auch wenn sie perfekt produziert wurden.

Das ordne ich etwas anders ein. Wenn ich mir etwas freiwillig anhöre, dann weil ich es gut finde. Und in diesem Fall finde ich Musik UND Produktion gut.

Gute Produktion ohne gute Musik existiert für mich nicht. Gute Musik ist niemals schlecht produziert. Denn wenn die Produktion mich ´rausbringt, dann finde ich die Musik auch nicht mehr gut.

Bei Musik, die mir nicht gefällt, bin ich kaum in der Lage, dieser etwas positives abzugewinnen. "Ja, der Song ist shice, aber hör´ dir mal den Bass an!" - Neeee.

Ob das gut oder schlecht ist, weiß ich nicht - es ist einfach so. ( ...also bei mir eben.

)

 

[schnuffke]

Manchmal hab ich je nach Begleitung nicht so die Wahl

Mir ist sowas egal - ich sag´ dann halt "Mach´das mal aus oder wenigstens leiser". Hab´ ich nicht so das Problem mit.

Deine Strategie ist aber auch gut - einfach so lange nerven, bis der-/diejenige von selbst ausmacht.

 

[oliveramberg]

Gute Musik ist niemals schlecht produziert.

Dann höre Dir mal ein paar alte Meilensteine der Rockgeschichte an. Da hat's haufenweise Alben die produktionstechnisch nicht viel drauf haben (Hotel California von den Eagles ist ein tolles Beispiel, BÖC, Sabbath, Zeppelin etc.

Aber: Musik ist immer Geschmackssache