Müde wie ein Stein

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Müde wie ein Stein
.
Er wollte auf dem Heimweg durch den Stadtpark laufen,
um einmal wieder frische Luft zu tanken,
doch an der Haltestelle muss er kurz verschnaufen.
Die Straßenbahn bringt seinen Plan ins Wanken.
Der Tag war hart, er nimmt die Bahn doch
und fällt, kaum dass er sitzt, in ein Loch.
Trotz seiner Größe wirkt er klein,
müde wie ein Stein.
.
Wenn diese Müdigkeit nicht wär! (Müde wie ein Stein)
Als liefe er hinter sich selber her. (Müde wie ein Stein)
.
Den Lärm der Gießerei noch immer in den Ohren,
vernimmt er, was der Fahrer sagt, nur leise.
Im Schlaf hat er das Zeitgefühl total verloren.
Er fuhr die zweite Runde mit im Kreise.
Zu Hause wartet niemand auf ihn,
er könnte in eine Bierkneipe fliehn.
Er kehrt nur kurz beim Türken ein,
müde wie ein Stein.
.
Wenn diese Müdigkeit nicht wär! (Müde wie ein Stein)
Als liefe er hinter sich selber her. (Müde wie ein Stein)
Er hat nie viel verlangt vom Leben
und es hat ihm nie viel gegeben.
Weil es die unten gern vergisst.
Pech, wenn man zu bescheiden ist!
.
Im Treppenhaus roch’s früher oft nach Gulaschsuppe,
nach Klopsen, Milchreis oder nach Rouladen.
Seit Martha starb, riecht’s nur nach Staub, selbst in der Küche,
und von der Decke hängt ein Spinnenfaden.
Das Sofa knarrt: Er hat sich gesetzt
und wird sich kaum noch bewegen ab jetzt.
Nach einem Bier schläft er schon ein,
müde wie ein Stein.
.
Wenn diese Müdigkeit nicht wär! (Müde wie ein Stein)
Als liefe er hinter sich selber her. (Müde wie ein Stein)
Er hat nie viel verlangt vom Leben
und es hat ihm nie viel gegeben.
Weil es die unten gern vergisst.
Pech, wenn man zu bescheiden ist.
.
Wenn diese Müdigkeit nicht wär! (Müde wie ein Stein)
Als liefe er hinter sich selber her. (Müde wie ein Stein) (3x)
 
Ja, trist und lebensnah. Vielleicht ein kleiner Bruch: Martha starb, impliziert hohes Alter (ich weiß, muß nicht sein - trotzdem) und der Lärm der Gießerei vermittelt Arbeitsleben. Zusammen brachte es mich beim ersten Lesen dazu, daß das sich Bild des Protagonisten in meinem Kopf radikal geändert hat (vielleicht etwas zu sehr).

Noch trister wäre es, wenn sie ihn verlassen hätte...
 
Noch trister wäre es, wenn sie ihn verlassen hätte...

Yep! Ging mir auch durch den Kopp, wäre prickelnder gewesen.

Man könnte ja auch "starb" einfach durch "ging" ersetzen. Lässt dem Hörer ein bisschen mehr Freiheiten.
 
Nee das mit dem Alter war bei mir kein Problem, hat gepasst, hab mir jemanden um die 50 vielleicht vorgestellt. Vom Text her fällt für mich als einziges das Wort Bierchen raus, das ist doch sehr umgangssprachlich und passt nicht so zum Rest, der ja in gutem Schriftdeutsch formuliert ist. also ich würde einfach Bier sagen.
 
Danke für eure Tipps.
Nee, Martha ist gestorben. Die gute Seele, die sein Leben zusammengehalten hat, hätte ihn nie un nimmer verlassen. (Mein Mann ist auch schon tot und ich werde erst 49. Von daher also was ganz "Normales", leider.)
Das mit dem Bier stimmt, das fällt ein zu sehr raus. Wird geändert! :)
 
Danke sehr schöner Text Teestunde. Es wurde mir ein wenig feucht um die Augen, weil
wenn Gott es will werde ich ja nun auch schon 72 Jahre alt.
Der Protagonist in Deinem Werk hat einen ganz anderen Lebenslauf hinter sich, aber im großen und Ganzen hast Du da bei mir voll den Nerv getroffen.

Ich muß jetzt zwar erst einmal die anderen Sachen von Dir fertig machen. Solltest Du bis dahin
keinen Komponisten haben, würde ich gerne........

LG HL
 
@hedelund
Ich muß jetzt zwar erst einmal die anderen Sachen von Dir fertig machen. Solltest Du bis dahin
keinen Komponisten haben, würde ich gerne...
Na, aber immer doch! :) Wenn du dich darin wiederfindest, dann kannst du dich besonders gut hineinversetzen. :)
 
Ich hatte ja schon vorher den leisen Verdacht, aber jetzt umso lauter:
Gehören Erich Kästners Gedichte zu deinen Einflüssen?
 
@Ennui
Gehören Erich Kästners Gedichte zu deinen Einflüssen?
Auch. :) Ein paar Bücher von ihm stehen in meinem Regal. :)
 
Wer einmal aus dem Blechnapf frisst,
das Wiederkommen nicht vergisst......

Beschreibt eigentlich, dass wenn einer einmal im Gefängniss war, er dann immer wieder
reinkommt. Es gab dort Blechnapfe, aus denen das Essen verabreicht wurde.

Gibt auch einen Roman von Hans Fallada, "Wer einmal aus dem Blechnapf frisst"

LG HL
 
Bier! Susann hat Bier geschrieben................und Bierkneipe ;-)

Ich muss gleich WEIN vor Freude ;-)
 
Gut, ich kann die Formulierung auch ersetzen. Der Blechnapf steht für mich als Synonym für das sich-zufriedengeben mit dem Einfachsten. Wenn das nicht richtig rüberkommt, mach ich mir gern noch mal Gedanken. :) DfF (Dank fürs Feedback) :)

Ich hab erst mal andere, deftigere Worte genommen. Bin aber noch auf der Suche nach Besserem. :)

Bier! Susann hat Bier geschrieben................und Bierkneipe
Ich muss gleich WEIN vor Freude
Tjaaa! Wo's hinpasst! ;)
 
Der Blechnapf steht für mich als Synonym für das sich-zufriedengeben mit dem Einfachsten. Wenn das nicht richtig rüberkommt, mach ich mir gern noch




So hatte ich das eigentlich auch gesehen, und von daher passt das ja sehr gut


Lg HL
 
Ich habe Locis' Einwand gelten lassen. Wenn das LI sein ganzes Leben mit der geliebten Frau verbracht hat, dann passt der Blechnapf nicht so richtig. Allerdings passt meine Änderung auch nicht richtig, merke ich gerade. Also noch mal ran! :)
 
Wie wär ´s denn mit

Er hat nie viel verlangt vom Leben

und es hat ihm nie viel gegeben.

Er sitzt fest in seinem Mist
Ausgebrannt...Angepisst.
 
@ sanoor

Also zum Song passt es nicht so ganz, aber sehr inspirierende Idee für eine minimalistische Kurzgeschichte..:)

Ein Mann fing Feuer, dann gab es Zwist.
Er brannte aus. Weil angepisst.
 
@sanoor
Er sitzt fest in seinem Mist
Ausgebrannt...Angepisst.
"Mist" stört mich ein bisschen. Er kann nicht mehr, seit seine Frau tot ist. Aber das ist etwas anderes. Mir ist nur noch keine richtig passende Formulierung eingefallen. :)
 
@mamamuuht

Kann mich gerade des Eindrucks nicht erwehren, dass du mich veräppeln willst wie der Berliner sagen täte. Dabei meinte ich den Vorschlag durchaus ernst. Wenn ich über Nacht das Lesen nicht verlernt habe, geht es doch wohl um einen Menschen, dessen Dasein - nachdem seine Frau verstorben ist - von einer gewissen Trost- und Ausweglosigkeit ( er sitzt fest in seinem Mist) geprägt ist und der vor Erschöpfung (ausgebrannt) stets einschläft, wenn er sich auch nur mal hinsetzt. Warum das also in der Sache nicht passen soll, leuchtet mir nicht ein. Man kann natürlich der Auffassung sein, dass es Mist ist. Das steht jedem frei. Wenn du also das meintest....o.k.
 
@Sanoor

Oh, ich wollte dich nicht veräppeln. Sorry, wenn das angekommen ist. Ich meine nur auch, das das Wort Mist für mein Gefühl nicht so richtig passt. Inhaltlich hast du schon Recht...
 

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