ich such dich

[Klauski]

Bin mal wieder an einem Text für meinen neusten Ohrwurm:

Ich bin zurück in deiner Stadt
nach all den Jahren wieder hier
wieviel sich doch verändert hat
- und ändern wird - es liegt an Dir

ich hab geschwiegen und bezahlt
alles gegeben, viel verlor’n
kostbarste Jahre meines Lebens
jetzt ich fang wieder an von vorn

ich such Dich
und ich werd dich finden
egal wo du dich auch versteckst

ich such Dich
und ich werd dich finden
wenn’s sein muss auch am allerletzten Fleck

Schon fast vergessen was da war
ganz dick liegt auf der Sache Staub
hätt’ nie gedacht dass es so kommt
oft hast Du mir den Schlaf geraubt

Unsere Krallen sind schon stumpf
es reut mich auch so manche Tat
wo ist das Ziel, das Ideal
das uns einmal verbunden hat

ich such Dich
und ich werd dich finden
egal wo du dich auch versteckst

ich such Dich
und ich werd dich finden
die Tarnung hat doch keinen Zweck

ich such Dich
und ich werd dich finden
ich weiss ich hab Dich aufgeschreckt

ich such Dich
und ich werd dich finden
wenn’s sein muss auch am allerletzten Fleck

 

[Teestunde]

Das "aufgeschreckt" ist nicht ganz eindeutig. Ansonsten schöner Text.

 

[Andaraginga]

Ich find es sprachlich gut und auch interessant.

Mir wär da aber zu viel drin, zu viele Schwenks, zu viel unterschiedliche Emotionen, zu viele Andeutungen, die dann nicht weiterverfolgt werden.

Es wirkt als ob du (d)eine echte Geschichte abbilden willst, dabei aber aus den Augen verlierst, was für den Hörer funktioniert.

Wenn du kurz beschreiben müsstest, worum es im Text geht, was würdest du sagen?

Geht es ums Jetzt, wo das LI zurückkehrt zum LD und gespannt ist, was passiert?

Geht es um die vergangenen kostbaren Jahre, die irgendwie aufgerechnet oder bewältigt werden?

Geht es generell um Neuanfang, um Veränderung, um (verlorene) Ideale, um Aussprache, um Sehnsucht, um ein Die-Hand-Reichen, ein Drohen?

Und welche Haltung und Gefühlslage überwiegt dabei?
Lust auf Veränderung? Offenheit? Groll? Einsicht in eigene Fehler? Reue? Vorwürfe an den anderen? Abgeklärtheit? Resignation?

Für mich ist von allem ein bisschen drin, es fügt sich aber (noch) nicht richtig zusammen zu einem stimmigen Ganzen.

 

[Klauski]

Danke,

Das "aufgeschreckt" ist nicht ganz eindeutig. Ansonsten schöner Text.

„aufgeschreckt“ ist irgendwie dem Reim geschuldet und passt für mich als Alternative zur Wiederholung.

Mir geht es beim Texten oft so, dass ich einfach drauf los schreibe
und dann irgendwann hängenbleibe.

Die ersten beiden Strophen und der Refrain waren schnell auf die Musik geschrieben - aber dann wusste ich nicht so richtig, in welche Richtung ich weitermachen sollte.
Bei dem Gedanken, wer da aus dem Gefängnis zurückkommt, bin ich dann auf ein RAF Mitglied und die extrem linke Szene gekommen.

Ich find es sprachlich gut und auch interessant.

Mir wär da aber zu viel drin, zu viele Schwenks, zu viel unterschiedliche Emotionen, zu viele Andeutungen, die dann nicht weiterverfolgt werden.

Es wirkt als ob du (d)eine echte Geschichte abbilden willst, dabei aber aus den Augen verlierst, was für den Hörer funktioniert.

Eigentlich hab ich mit „ganz links“ nicht viel am Hut und vielleicht ist das auch Grund, weshalb das sich textlich ziemlich holprig anhört. Aber wenn ich mir vorstelle nach vielen Jahren aus dem Knast zu kommen und immer noch an den Idealen zu hängen, würde ich versuchen, die ehemaligen Gesinnungsgenossen zu finden um mich über den Status Quo zu erkundigen. Während die, die untertauchen konnten sich angepasst haben und in der breiten Masse mitschwimmen - und wohl größte Sorgen hätten, wenn dann einer aus vergangener Zeit auftaucht und man dann evtl. auffliegt.
Naja, das war mein Kopfkino - es ist immer doof, wenn eine Erklärung notwendig ist, um einen Text verständlich zu machen. -

 

[Andaraginga]

Naja, das war mein Kopfkino - es ist immer doof, wenn eine Erklärung notwendig ist, um einen Text verständlich zu machen. -

Das ist sogar eine interessante Textidee. Einige Zeilen erscheinen jetzt auch in anderem Licht (Krallen, Ideale, bereuen). Ich wär auf die Erklärung aber nie selber gekommen.
Ich hab mir irgendwas vorgestellt von einer alten Liebe, einem unehelichen Kind, für das man gezahlt hat und dem Versuch, die Liebe oder das Kind (wieder) zu finden.

Bei deiner echten Geschichte kann ich mir sogar vorstellen, dass da tatsächlich so ein Gefühls- und Gedankenchaos vorherrscht, wie es bei mir ankam.
Da find ich dann allerdings das "ich such dich" als zentrale Aussage und zentrales Anliegen nicht ganz schlüssig, zumindest dann nicht, wenn es sich auf irgendeine Person bezieht, wie es von dir wohl gemeint war?

 

[artname]

Die ersten beiden Strophen und der Refrain waren schnell auf die Musik geschrieben - aber dann wusste ich nicht so richtig, in welche Richtung ich weitermachen sollte.
Bei dem Gedanken, wer da aus dem Gefängnis zurückkommt, bin ich dann auf ein RAF Mitglied und die extrem linke Szene gekommen.

Jo, das geht wohl jedem Menschen so. Wir fangen manchmal an, stringent zu erzählen, verzweigen uns dann und enden plötzlich in einem : "Ähm...Warum hab ich das jetzt erzählt???".
Manchmal hilft uns ein aufmerksamer Zuhörer zurück - und wir bringen den Anfangsgedanken zu Ende.

Bin mal wieder an einem Text für meinen neusten Ohrwurm:

Ich bin zurück in deiner Stadt.... "dieser" wäre spannender, "unsrer" würde das Folgende besser einleiten
nach all den Jahren wieder hier
wieviel sich doch verändert hat
- und ändern wird - es liegt an Dir

ich hab geschwiegen und bezahlt.... hier zweigt die Erzählung von der Stadt und dem LD ab
alles gegeben, viel verlor’n
kostbarste Jahre meines Lebens
jetzt ich fang wieder an von vorn

ich such Dich.... hier wird das LD wieder aufgenommen
und ich werd dich finden
egal wo du dich auch versteckst

ich such Dich
und ich werd dich finden
wenn’s sein muss auch am allerletzten Fleck

Schon fast vergessen was da war.... hier wird eine Vorgeschichte extrem allgemein angedeutet.
ganz dick liegt auf der Sache Staub
hätt’ nie gedacht dass es so kommt
oft hast Du mir den Schlaf geraubt.... hier wird eine Zwischenzeit erwähnt

Unsere Krallen sind schon stumpf... hier wird plötzlich etwas verallgemeinert, aber wo ist das zugehörige Detail?
es reut mich auch so manche Tat
wo ist das Ziel, das Ideal
das uns einmal verbunden hat

ich such Dich
und ich werd dich finden
egal wo du dich auch versteckst.... ops, ab hier klingt nach einer Drohung.

ich such Dich
und ich werd dich finden
die Tarnung hat doch keinen Zweck.... Drohung?

ich such Dich
und ich werd dich finden
ich weiss ich hab Dich aufgeschreckt.... Unheil liegt in der Luft?

ich such Dich
und ich werd dich finden.... Drohung?
wenn’s sein muss auch am allerletzten Fleck

Klauski, ich hab hoffentlich meine Irritationen andeuten können. Persönlich habe ich nix gegen Andeutungen - egal ob Liebesschwur oder Drohung. Alles hängt für mich von der Form ab.

Einen Text voller Assoziationen lese ich anders als eine lineare Erzählung. eine Story sollte, um MICH zu fesseln, die großen W's ansprechen: Wer, was, wann, wo... (und eventuell) warum, wofür, wie. Eine Assoziation darf hingegen (für mich) voller Überraschungen sein.

Ich lese aus deiner Form eher eine lineare Erzählung. So was wie "12 Uhr mittags". Jemand kehrt zurück und kündigt einen Showdown an. Und ich würde gern mehr showdown-bezogenes erfahren, über die beiden Protagonisten und ihre Motive. Vastehste mir?

 

[Klauski]

Da find ich dann allerdings das "ich such dich" als zentrale Aussage und zentrales Anliegen nicht ganz schlüssig, zumindest dann nicht, wenn es sich auf irgendeine Person bezieht, wie es von dir wohl gemeint war?

Nein, es bezieht sich auf eine ganz konkrete Person, jemand, der für das LI eine Art Vorbild und Freund war (und vielleicht auch noch ist) - der sich aber nie verantworten musste weil er von keinem verraten wurde.

"Ähm...Warum hab ich das jetzt erzählt???".
Manchmal hilft uns ein aufmerksamer Zuhörer zurück - und wir bringen den Anfangsgedanken zu Ende.

Gerne - deshalb steht der Text hier.

Ich lese hier von der Form eher eine lineare Erzählung. So was wie "12 Uhr mittags". Jemand kehrt zurück und kündigt einen Showdown an. Und ich würde gern mehr showdown-bezogenes erfahren, über die beiden Protagonisten und ihre Motive. Vastehste mir?

Oh yes, mal sehen, wie ich das hinbekomme...

 

[artname]

Lieber @Klauski : Ich hätte wohl noch erwähnen sollen, dass ich beim ersten feedback fast immer nur den Originaltext, also KEINE Erklärungen, lese.

Nun habe ich deine Erklärungen gelesen... und von dir entsprechend geprimt, kann ich mir nun einen Hintergrund vorstellen. Aber genügt Dir das?

Versteh mein erstes Feedback bitte so, dass mich der isolierte Text zunächst verwirrte. Eine entsprechender Vertonung könnte meine Phantasie natürlich deutlicher lenken. Willst du noch was zur Musik verraten?

Hast du deine konkreten Vorstellungen vage formuliert, um möglichst viele Phantasien einzufangen?

 

[Turquoise]

Der Text gefällt mir. Weil er wie in einem sich langsam entwickelnden Krimi einen zunehmenden Spannungsaufbau hat. Erst könnte man denken, das LI kehrt einfach nur zurück, wie bei Westernhagens Ich bin wieder hier.*
Dann scheint es da aber eine verkorkste Beziehung gegeben zu haben (habe geschwiegen und bezahlt). Klingt, als hätte er evtl. Alimente zahlen müssen, aber Kontaktverbot gehabt.

Der Refrain erinnert mich in seiner Bedingungslosigkeit an eines meiner Lieblingslieder, Hunting high and low von A-ha.

Im folgenden bekommen die Aussagen des LI aber den Unterton einer leichten Drohung - was auch dem Refrain eine neue Note verleiht. Das einzige, was mir nicht gefällt, ist das Wort "Fleck". Fleck für Ort klingt nicht so dolle. Erinnert eher an einen Senfspritzer auf der Krawatte...

*Obwohl schon da angedeutet wird, dass nicht alles Friede Freude Eierkuchen ist, denn das LI schreibt "in deiner Stadt" - also ist er in gewisser Weise ein Eindringling.

 

[Klauski]

Aber genügt Dir das?

Als Musiker, der so nebenbei angefangen hat Texte zu schreiben - ja.
Als Texter würde es mich aber nicht zufriedenstellen.
Ich denke wenn die Musik mit einem entsprechenden Video veröffentlicht werden würde, kämen diese Fragen gar nicht erst auf.

Der Text gefällt mir. Weil er wie in einem sich langsam entwickelnden Krimi einen zunehmenden Spannungsaufbau hat. Erst könnte man denken, das LI kehrt einfach nur zurück, wie bei Westernhagens Ich bin wieder hier.*
Dann scheint es da aber eine verkorkste Beziehung gegeben zu haben (habe geschwiegen und bezahlt). Klingt, als hätte er evtl. Alimente zahlen müssen, aber Kontaktverbot gehabt.

Der Refrain erinnert mich in seiner Bedingungslosigkeit an eines meiner Lieblingslieder, Hunting high and low von A-ha.

Im folgenden bekommen die Aussagen des LI aber den Unterton einer leichten Drohung - was auch dem Refrain eine neue Note verleiht. Das einzige, was mir nicht gefällt, ist das Wort "Fleck". Fleck für Ort klingt nicht so dolle. Erinnert eher an einen Senfspritzer auf der Krawatte...

*Obwohl schon da angedeutet wird, dass nicht alles Friede Freude Eierkuchen ist, denn das LI schreibt "in deiner Stadt" - also ist er in gewisser Weise ein Eindringling.

Danke für Deine gute, gut nachvollziehbare Kritik.
Ja, ich denke es wird der Refrain sein, der bei diesem Musikstück so richtig hängenbleibt.

 

[Rex]

@Klauski

[QUOTE="Klauski, post: 2582628, member: 81517" Jetzt ich fang wieder an von vorn[/QUOTE]

Ist das starwars-Grammatik?


Nach dem erstmaligen und alleinigem Lesen von post#1 war mir leicht unwohl.

Von jemandem, der angeblich "wieder von vorne anfängt", die Vergangenheit aber in keinster Form verarbeitet hat bzw. darin immer noch gefangen ist, möchte ich jedenfalls nicht gefunden werden.

 

[Klauski]

Ist das starwars-Grammatik?

vorn muss einfach hinten stehen, sonst reimt's sich nicht - Mano

ok, wie wäre es mit Bindestrich -
"Jetzt ich fang wieder an - von vorn"

Von jemandem, der angeblich "wieder von vorne anfängt", die Vergangenheit aber in keinster Form verarbeitet hat bzw. darin immer noch gefangen ist, möchte ich jedenfalls nicht gefunden werden

So ein bisschen Spannung darf schon sein.

 

[Klauski]

Hier ist die Musik, wie ich sie mir seit Wochen in den Ohren klingelt

https://recording.de/threads/ich-such-dich.219279/