Du hast mich nie betrogen

[Teestunde]

In einem alten Ordner einen Text gefunden.

Du hast mich nie betrogen

Kann Glück zerplatzen wie Ballons?
Wie hält man taumelnd die Balance?
Wieso erfahre ich von ihr,
dass ich dich grad an sie verlier?
Heut früh hast du mich noch geküsst,
bevor du losgefahren bist.
Und nicht nur flüchtig, unterkühlt.
Es hat sich zärtlich angefühlt.

Du hast mich nie betrogen,
mein Zutraun nie missbraucht;
nun ist sie aufgetaucht.
Du hast mich nie belogen,
nicht einmal dann und wann.
Nun fängst du damit an.

Hat unser Glück noch eine Chance?
Packst du es morgen in Kartons?
Sie glaubt, dass du mich bald verlässt.
Lass ich dich los? Halt ich dich fest?
Noch ist es dir nicht anzusehn.
Womöglich willst du gar nicht gehn.
Was dann? Schmeiß ich dich trotzdem raus?
Verdammt, ich halte das nicht aus!

Du hast mich nie betrogen,
mein Zutraun nie missbraucht;
nun ist sie aufgetaucht.
Du hast mich nie belogen,
nicht einmal dann und wann.
Nun fängst du damit an.

Am meisten schmerzt die Sicherheit,
mit der sie sagte: Tut mir leid!

Du hast mich nie betrogen,
mein Zutraun nie missbraucht;
nun ist sie aufgetaucht.
Du hast mich nie belogen,
nicht einmal dann und wann.
Nun fängst du damit an.
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Nachtrag: RockIngenieur hat sich den Text reserviert.

 

[SoulFrontier]

Hmm, hundertprozentiger Schlager, was ich mich beim Lesen frage ist woher denn diese Sicherheit?

Du hast mich nie betrogen,
mein Zutraun nie missbraucht;
nun ist sie aufgetaucht.
Du hast mich nie belogen,
nicht einmal dann und wann.
Nun fängst du damit an.

Dad is doch irgendwie bissel zu dick aufgetragen.

 

[Teestunde]

Dad is doch irgendwie bissel zu dick aufgetragen.

Inwiefern?

 

[SoulFrontier]

Inwiefern? Versteh ich nicht.

Es ist doch geradezu absurd! Du hast mich nie belogen, noch nicht mal dann und wann


Woher diese Gewissheit?

 

[Teestunde]

Woher diese Gewissheit?

Weil sie es merkt, wenn er lügt. So gut kennt man sich in einer langjährigen Partnerschaft schon, denke ich.

 

[artname]

Liebe Teestunde,

Ich meine, der Text, wie er da steht, ist ja fertig. Natürlich würde ich mich für dich freuen, wenn er Abnehmer fände. Vorstellen könnt ich es mir. Wenn nicht... ja für diesen Fall schlag ich ein Gedankenspiel vor.

Du hast mMn 3 Problemfelder im Text:

1. Das LI und das LD
2. Das LI und die Konkurrentin
3. Das Innenleben des LIs

Ich glaube, diese Kraftfelder überlagern sich und verhindern eine klare, eine positive Aussage. Jeder Konflikt hat seine eigene Hook. Ich spinne mal:

zu 1. Bleib bei mir
zu 2. Verschwinde
zu 3. Wie kann ich dir je wieder glauben

Das wäre mir zuviel. Zuviel für Storytelling. In eine Text mit Impressionen ginge es vielleicht noch. - Wenn Du die Konkurrentin ersatzlos streichst, dann wird mMn die Situation klarer. Das LI könnte ein Beweisstück finden. nun kommt die Frage: Wo beginnt der Text:

- vor der Aussprache
- während dr Aussprache
- nach der Aussprache.

Ich würde nach der Aussprache beginnen. Ich sehe das LI zum Beispiel in einer malerischen Umgebung. in die es flüchtete. Hier malt es sich eine Zukunft mit oder ohne ihn aus. Das schöne Panorama bietet genügend wohltuende Atmosphäre, sich beides mit etwas Vergnügen vorzustellen.

Jetzt wirst du dich vielleicht an "positiv" stören. Damit meine ich aber nur, dass die Situation interessante Fotografien zuläßt. Fotos, die etwas Ruhe ausstrahlen.
In deinem Text hetzt das LI mal zu ihm, mal zu ihr, mal zu sich. es ist ein gehetztes Tier. Wenn du nach der Enttarnung beginnst, kann das LI einmal ganz bei sich sein. Da bringt Ruhe in den Autor... und damit in den Text.

Was meinst Du zu meinem Vorschlag? Widerspricht er deinen Absichten? Könnte er dein Anliegen etwas besser bedienen?

 

[Teestunde]

Was meinst Du zu meinem Vorschlag? Widerspricht er deinen Absichten? Könnte er dein Anliegen etwas besser bedienen?

Erst mal vielen Dank für die Arbeit, die du dir gemacht hast. Ich muss mir das erst noch ein paar mal durchlesen, bin im Moment etwas im Stress und hab noch nicht so ganz begriffen, worauf du hinaus willst. Ich melde mich wieder, wenn ich Land sehe. Bis bald!

 

[Turquoise]

Von der im Text beschriebenen Situation her musste ich gleich an einen Song von Prince denken:

I love you, but I don't trust you anymore


Das Schöne an dem Text ist, dass er im ersten und zweiten Refrain einfach die Worte vertauscht. Im ersten Refrain:

Ich liebe Dich, aber ich vertraue Dir nicht mehr

Im zweiten:

Du vertraust mir, aber Du liebst mich nicht mehr



Ich finde wie artname auch, dass die "Sie" im Refrain zuviel des Guten ist. Dass er nicht plötzlich schwul geworden ist oder sich für Meerschweinchen interessiert, wird auch so klar. Man könnte es also bei einer Andeutung belassen, die nichts und gerade darum alles sagt.

Prince macht das übrigens in dem erwähnten Text so (Übersetzung von mir):


I wusste es von dem Moment an, als Du in den Raum gekommen bist
dass es nicht an deinem Kleid lag
nicht an deinem Parfume
und was geschah nur mit dem Ring, den ich Dir gab
was soll ich denn nur glauben?

Ich liebe Dich, aber ich vertraue Dir nicht mehr

Du wusstest es von dem Moment an, als du in meine Augen sahst
dass ich dich durchschaut hatte
du musstest dich entschuldigen
ich hatte dir immer nur das allerbeste gegeben
selbst wenn es falsch war, war es gut

Ich weiß du vertraust mir, aber du liebst mich nicht mehr


Das ist alles sehr einfach aber für meinen Geschmack wirkungsvoll und erzählt sehr viel. Dein Text hat auch Ansätze davon, aber dann erliegt er doch wieder der Versuchung, zu konkret zu werden und "es" auszusprechen.

 

[Teestunde]

Mir ging es darum, dass die Sache gar nicht herausgekommen wäre, wenn SIE nicht bei ihr angerufen hätte. Vielleicht hätte er die Affaire sogar beendet und gut. Dieser Schock, dass da schon die ganze Zeit etwas läuft, wovon sie bei all ihrem Vertrauen zu ihm keine Ahnung hatte, gipfelt eben in ihrer Anklage.

 

[Turquoise]

Mir ging es darum, dass die Sache gar nicht herausgekommen wäre, wenn SIE nicht bei ihr angerufen hätte. Vielleicht hätte er die Affaire sogar beendet und gut. Dieser Schock, dass da schon die ganze Zeit etwas läuft, wovon sie bei all ihrem Vertrauen zu ihm keine Ahnung hatte, gipfelt eben in ihrer Anklage.

Dann ist der Refrain also ironisch gemeint?
Es lief die ganze Zeit etwas und trotzdem hat er sie nie belogen?

Irgendwie passt da was nicht richtig zusammen. Wenn es ironisch sein sein soll, müsste man das stärker herausstellen. Ansonsten wird das nicht klar. Auch dass sie nur zufällig durch ein missglücktes Telefonat dahinter kam, geht nicht aus dem Text hervor.

 

[Teestunde]

Ich würde nach der Aussprache beginnen. Ich sehe das LI zum Beispiel in einer malerischen Umgebung. in die es flüchtete. Hier malt es sich eine Zukunft mit oder ohne ihn aus. Das schöne Panorama bietet genügend wohltuende Atmosphäre, sich beides mit etwas Vergnügen vorzustellen.

Dann wird es ein ganz neuer Text. Mal sehen.

 

[Teestunde]

Es leif die ganze Zeit etwas und trotzdem hat er sie nie belogen?

Bis dahin hat er sie nie belogen. Aber mir fällt gerade ein, dass es wirkungsvoller wäre, wenn sie drauf kommt, dass sie sich das nur eingebildet hat. Ihr Stolz auf ihren verlässlichen, ehrlichen Mann - eine Eisscholle, die ihr nun unter den Füßen wegschmilzt. Das Bild passt nicht ganz... Aber so die Richtung.

 

[Teestunde]

Auch dass sie nur zufällig durch ein missglücktes Telefonat dahinter kam, geht nicht aus dem Text hervor.

Wirklich nicht? Die erste Strophe handelt davon. Aber vielleicht nicht deutlich genug... hm!

 

[Teestunde]

Ich versuche mal, mir die Situation NACH der Aussprache vorzustellen. Dauert aber ein bisschen. Bis dahin!

 

[Turquoise]

Wirklich nicht? Die erste Strophe handelt davon.

Hmm... von missglücktem Telefonat zu zufällig steht da jedenfalls nichts. Okay, ist aber nebensächlich. Als Andeutung genügt es bestimmt.

Die Frage "wieso ... grade von ihr" impliziert auch irgendwie, dass es weniger schlimm gewesen wäre, wenn sie es von jemand anderem erfahren hätte.

Hätte er es ihr sagen sollen? Bedeutet, dass er es nicht getan hat, nicht, dass er ncht nur ein Lügner, sondern auch ein Feigling ist? Und können Feiglinge überhaupt jahrelang ehrlich sein?

hmm....

hmmm, hmm, hmm....



Vielleicht solltest Du Dich auch stärker auf den Zweikampf zwischen ihr und ihr fokussieren. Es stimmt schon, was artname schreibt: der Text zerfasert in zu viele Richtungen. Ihm fehlt die eindeutige Linie die dem "Hörer" hilft, den Text als . . . . . (?) einzuordnen.

Aber hey - ich will Dir das alles nicht ausreden. Ist nur mein Eindruck. Vielleicht ist er auch "falsch". Vielleicht bist Du die Klinge und ich der Schleifstein.

 

[RockIngenieur]

Vielleicht entschärft es ein paar "logische Unklarheiten" und lässt die genaue Zeitpunkterörterung sowie Wissen vs Glauben noch schön diffus:

Du hast mich nie betrogen,
mein Zutraun nie missbraucht;
nun ist sie aufgetaucht.
Du hast mich nie belogen,
so glaubte ich bislang
Wann fingst du damit an?

 

[Teestunde]

so glaubte ich bislang
Wann fingst du damit an?

Ja, so ginge es. Aber ich bin schon am Tüfteln an der "Artname Variante". Wird aber noch dauern.

 

[Teestunde]

Aber hey - ich will Dir das alles nicht ausreden. Ist nur mein Eindruck. Vielleicht ist er auch "falsch". Vielleicht bist Du die Klinge und ich der Schleifstein.

Denk ich nicht. Ist aber okay.
Den Zweikampf zwischen ihr und ihr ins Blickfeld rücken - jetzt bin ich schon bei der Version, dass sie einen Beweis findet und wir blenden uns NACH der Aussprache ein. Mal sehen, ob ich da was Brauchbares hinkriege.

 

[Andaraginga]

Ich hab den Text gelesen und fand ihn super. Ich würde ihn lassen, wie er ist und nur den Refrain etwas straffen.

"Du hast mich nie betrogen,
mein Zutraun nie missbraucht;
Du hast mich nie belogen
Warum ist sie jetzt aufgetaucht?"

Damit wär die Geschichte und ihre Rollenverteilung klar:
Alles war (scheinbar) gut, dann bricht die Katastrophe herein. Schuld ist (nur) die andere. Und das ist die Anklage von ihr.

Dass die Realität tatsächlich nicht so klar ist, dass das LI sich an Wunschbilder klammert, wär mir dabei egal. Im Gegenteil, ich fänd es genau deswegen umso besser, weil durch ihre Verkennung der Realität umso stärker rüberkommt wie emotional, verletzt, verwirrt und am Boden sie jetzt gerade ist.

 

[Teestunde]

Hier mal ein zweiter Versuch. Kontrast Frühlingsparkt - Eislandschaft im Inneren...

Fast zu warm

Der Krokusteppich blüht wie eh und je,
als hätte es den Winter nicht gegeben.
Der weite Park ist wieder voller Leben
und nur im Schatten liegt noch etwas Schnee.

So schnell taut mir das Eis im Herzen nicht;
noch ist der Frühling hier nicht eingezogen,
noch macht es um die Sonne einen Bogen,
weil es nicht möchte dass der Panzer bricht.

Ihr zwei wart sicher auch schon hier,
umschlungen Arm in Arm.
Der Park gehört ja nicht nur mir.
Den schönsten Weg zeigst du nun ihr.
Und euch ist fast zu warm.

Bald werde ich die Sonne akzeptier‘n
und auf den weißen Mantel wohl verzichten;
doch heute würde mich ihr Schein vernichten
und alle Blüten würden mir erfrier’n.

Ihr zwei wart sicher auch schon hier,
umschlungen Arm in Arm.
Der Park gehört ja nicht nur mir.
Den schönsten Weg zeigst du nun ihr.
Und euch ist fast zu warm.

Zwei Jahre! – Du warst sehr geschickt.
Ich hätte es nie mitgekriegt.
Ihr Anruf brachte es ans Licht,
ein Griff, der den Ballon zersticht.

Ihr zwei wart sicher auch schon hier,
umschlungen Arm in Arm.
Der Park gehört ja nicht nur mir.
Den schönsten Weg zeigst du nun ihr.
Und euch ist fast zu warm.