Langsame gut funktionierende Techno oder generell gradlinige elektronische Musik zu schreiben ist wirklich unfassbar schwer. Besonders wenn du nicht all zu arg in deephouse regionen abdriften möchtest. Sobald du beat-technisch von der gradlinigkeit weg gehst, dann sollte es dir etwas einfacher fallen. Oben wurds angegeben, chemical brothers und prodigy. Das sind zwei Paradebeispiele von der verschmelzung von elektronischer musik mit eher konventioneller Musik.
Das sieht man bei den beiden Bands vor allem in der Track/Song-Struktur. Die genannten Bands haben gegen sämtliche Konventionen verstoßen und die aus der elektronischen Ecke stammende "trackstruktur (sich aufbauendes hauptthema - Bridge - sich abbauenden Hauptthema) mit der aus der Pop und Rockmusik geläufigen Songstruktur (Verse, Refrain, Verse, Bridge. Refrain z.B.) gemischt. Auch deren Beats sind eher nicht so typisch 90er Jahre Techno und durch die loslösung von den Genrestandards konnten sie dann auch in unterschiedlichsten Tempoarten auftischen.
Das hilft dir natürlich recht wenig, wenn du gerne 100bpm Tech fahren möchtest. Aber es sollte dir zeigen, dass die Genre Bindung dich in der kreativen Freiheit beschränkt.
Deephouse ist ein gutes Beispiel für moderne elektronische Musik mit gerne sehr langsamen tempi.
Zum einen kommt dort viel aus der Atmosphäre, durch schöne instrumentierung oder flächensounds, und des weiteren sind Pausen in deephouse ein gut geeignets Stilmittel. Dort kann man schön weitere Sounds andocken lassen und du hast viel freiheit für Automationen.
Generell ist bei langsamer Musik immer Vorsicht angesagt.
Als Gitarrist auf Lebenszeit erzähl ich zum Thema langsame Musik eigentlich immer etwas über Eric Clapton. Er ist vermutlich einer der langsamsten Gitarristen auf der Welt. (Mr. Slowhand)
Trotzdem ist es schwerer seine Songs gut zu spielen, als beispielsweise Guns n Roses Songs.
Mit steigendem Tempo werden dynamik fehler einfacher verziehen. Bei sehr langsamen Tempi muss jede Note sitzen und richtig angeschlagen werden, oder es klingt träge und langweilig.
Und genau dort hast du ein Problem mit deinem gezeigten Beispiel.
Das Tempo funktioniert schon, wenn du musik gut genug geschrieben ist, aber in deinem Beispiel ist einfach kein Dynamikspiel vorhanden. Der Arpeggiator hackt auf konstanter Velocity eine Rhythmusmelodie vor sich her und die Drums fügen sich dort hinzu, in typischer drumcomputer-Manier.
Ich glaub, wenn du den einzelnen Instrumenten etwas mehr platz zum atmen gibst, dann werden deine ergebnisse besser. Ich hab leider kein Beispiel im 100bpm Bereich, aber einen eher langsameren Minimal Track hab ich hier vor einiger Zeit schon mal verlinkt. Das Ding hab ich zwar nie fertig gemacht, aber es sollte ganz gut zeigen, dass man mit 5 Spuren anstellen kann, wenn man die Pausen mitspielen lässt. Weniger ist bei langsamen Tempo schwer, aber hat deutlich bessere Effekte.
https://soundcloud.com/pheeel/replicants-stage-5