Brauner Phanthera Winkel

[Yoghurt]

Seid gegrüßt!

Vorweg: Ich weiß, es gibt kein "so wird's gemacht!", es gibt nur "mach' wie's deiner Meinung nach am besten klingt!".

Trotzdem würde ich gerne mal eure völlig subjektiven eigenen Meinungen zum Thema "Neigung/Winkel des Mikrofons zum Sänger" hören. Am liebsten im Zusammenhang mit dem Brauner Phanthera.

Ich arbeite jetzt seit einigen Wochen mit dem Phanthera und bin mir aber noch immer unschlüssig ob ich es angewinkelt lieber mag als frontal besungen.

Mein Eindruck ist, dass vor allem S-Laute bei vertikaler Ausrichtung äußerst ausgeprägt aufgezeichnet werden.
Bei von oben hängender, leicht nach hinten geneigter Membran sind die S-Laute weniger präsent, aber ich meine auch einen Verlust der "Direktheit" und des Drucks zu hören. Bin mir aber noch nicht ganz sicher ob ich mich da vielleicht nur selbst betrüge, weil ich den Anblick eines geneigten hängenden Mikrofons nicht so sehr mag.

Ich will weder Brustkorb- , noch Kopfresonanzen betonen. Ich will gar nichts betonen, ich will dass das Mikrofon so ausgerichtet ist, dass es das Signal möglichst originalgetreu aufnimmt.

Wie sind eure Erfahrungen?
Denkt ihr man sollte annehmen, dass ein Mikrofon in der hohen Preisklasse von Werk aus so konstruiert sein sollte, dass es in seiner natürlichsten Ausrichtung auch am besten klingt?

Danke im Voraus für eure Antworten

 

[clemenserwe]

Wie sind eure Erfahrungen?

Jede Positionsänderung des Mikrofons bewirkt auch eine Haltungsänderung des Sängers.
Die muss man zusätzlich ausgleichen um zu vergleichbaren Ergebnissen zu kommen.

Dazu muss man auch erstmal rausfinden, was für ein Typ der Sänger ist (Nach oben/geradeaus/nach unten singen) und wie er die meiste Kraft entfaltet.
Das muss durch die Mikrofonposition unterstützt werden.

Vom Prinzip her stelle ich das Mikrofon immer so vor den Sänger, dass er senkrecht zur Membran singt.

Wenn sich die S-Laut-Problematik durch leichtes Neigen verändern lässt, wäre vielleicht auch der "Bleistift-Trick" eine Idee?

 

[RefinedRough]

Frontal klingt am Ende eigentlich meistens am besten. Bleistift-Trick ist ein Mythos! Aber es gibt ja sehr gute Deesser, zB. der Fabfilter. Damit bringt man auch ein scharfes Brauner entspannt hin.

 

[Muenze]

Meist stell ich das Phanthera hängend auf. Das hat einen leichten psychischen Effekt so dass die Sängerin zum Mikrofon eher bisschen aufschaut und der Bereich der Stimmbänder schön frei ist. Auch in der Höhe sollte es so eingestellt werden, dass der Brustkorb schön frei ist. Und dann habe ich die besten Erfahrungen gemacht wenn ortogonal zur Membran eingesungen wird. Die paar scharfen SSSS... krieg ich dann z.B. mit dem Fabfilter ProMB ganz gut in den Griff.

 

[Astronautenkost]

Wenn sich die S-Laut-Problematik durch leichtes Neigen verändern lässt, wäre vielleicht auch der "Bleistift-Trick" eine Idee?

Der Bleistifttrick funktioniert bei problematischen Plosivlauten. Die enstehen dadurch, dass plötzlich zuviel Luft ausgestossen wird. Da kann eine Teilung/Lenkung der Strömung vor der Membran hilfreich sein. Problematische S-Laute entsehen jedoch im Mund, Sichwort "Frikative". Wie soll da ein anschließendes mechanisches Hindernis helfen.

Hier mal Wikipedia dazu:

Bei seiner Artikulation wird eine Engstelle gebildet, die die ausströmende Luft verwirbelt und den Reibelaut erzeugt. Frikative können stimmlos oder stimmhaft sein. Eine große Untergruppe der Frikative bilden die Zischlaute (Sibilanten), die im vorderen Mundbereich gebildet werden und sich durch ein hörbares Pfeifen bzw. Zischen auszeichnen.

Da hilft kein Bleistift, höchstens zwischen den Zähnen Aber wer will das "mmmm" dann hören.

Ich weiß nicht, wie das Gerücht mit dem Bleistift bei problematischen Frikativen in die Welt gemommen ist?

 

[verflixte13]

Wie sind eure Erfahrungen?
Denkt ihr man sollte annehmen, dass ein Mikrofon in der hohen Preisklasse von Werk aus so konstruiert sein sollte, dass es in seiner natürlichsten Ausrichtung auch am besten klingt?

… das Brauner Phanthera ist schon ein außergewöhnlich
gutes mic, aber eben auch ziemlich speziell.

es klingt nicht wirklich "natürlich", sondern, einfach zu ...
hm *nachdenk ... einfach zu hart/analytisch.

über den gesamten frequenzbereich/bis in die höchsten höhen,
da wird alles akribisch/analytisch aufgezeichnet ... diese "Brauner-höhen",
die sind ja schon legendär (und von manchen gefürchtet.) deine einschätzung
kommt da schon hin, besonders auch auf die "S-Laute" bezogen.

durch die neigung kann man (bei den vox) schon etwas gegensteuern,
aber wirklich entscheidendes ändert sich da nicht ... das Phantera bleibt
einfach "gnadenlos" offen ... (nach unten geneigt, da lässt
sich dann sogar die farbe deiner schuhe "hören" )

allgemein: das Phantera gehört für mich eindeutig in meine "absenker"-kategorie.
*will sagen: nach oben hin, da braucht man nichts mehr groß zu öffnen, sondern,
muss die höhen/die hochmitten, je nach quelle, konsequent absenken/entzerren ...
sonst bekommt man einen höhenflirrenden/hochmittenagressiven sound in
die mischung.

wir/die band haben es eine zeitlang auch für die vox eingesetzt,
aber sind nicht wirklich glücklich damit geworden ... was du aber
versuchen könntest (bei uns hat es "etwas" geholfen) -->

2 pop-shields hintereinander verwenden (eines direkt am mic
und eines am aufnahmestandpunkt des sängers und/oder .. --> (siehe schnappschuss unten)

so einen "schaumstoff-überzieher" draufziehen ... damit bin ich selbst
am besten klargekommen ... es entschärft die höhen etwas und lässt
das mic einen ticken weicher agieren. (damit lassen sich dann auch
"relativ" gut stahlsaiten-gitarren recorden.)

also ... viel "entzerren"/absenken und eventuell schon bei der aufnahme
dafür sorgen, dass manche problemzonen erst gar nicht auf die spuren gelangen. LG

 

[m4d3raIn]

Das Phanthera ist für mich die Wahl bei modern klingenden Vocals.
Die Höhen davon sind meiner Meinung nach definitiv nicht zu viel...wenn man dabei noch den passenden Abstand wählt (Ansonsten klingt es leicht zu dünn).

Früher mochte ich es aber tatsächlich sehr gerne es von oben leicht angewinkelt in Richtung Sänger zu richten...


Mit dem " von oben " muss man aber aufpassen, da ein Strecken des Halses bei Sängerin eher zu einem engen Ton als einem befreiten führt!

 

[Astronautenkost]

Ich kenne kein Brauner-Mikro, das ich analytisch nennen würde. Ich habe eher das Gefühl, die wurden für die unter uns, die aufgrund zu hoher Pegel schon ihre Flimmerhärchen weggeschossen haben, gebaut. Die Mikros mit einem Schaumstoffwindschutz in den Höhen zu bedämpfen, finde ich in der Preisklasse schon eher absurd.

 

[m4d3raIn]

Ich kenne kein Brauner-Mikro, das ich analytisch nennen würde. Ich habe eher das Gefühl, die wurden für die unter uns, die aufgrund zu hoher Pegel schon ihre Flimmerhärchen weggeschossen haben, gebaut.

Dagegen finde ich aber beispielsweise ein U87 mit seiner Nasalität und sehr spitzen Hochmitten übler...

Brauner hat eher zurückhaltende Hochmitten und dafür offene Höhen.

Natürlich ist das stark von der Stilistik abhängig, ich persönlich finde es aber sehr angenehm nicht noch Höhen dazugeben zu müssen... gerade gestern erst einen super Sänger aufgenommen.
Bis auf eine Raumresonanz, eine Formantenresonanz und ein wenig Kompression+Automation musste daran nichts mehr gemacht werden.

 

[Astronautenkost]

Also nasal klingt ein U 87 in meinen Ohren nicht. Stattdessen transparent. Ich habe hier eins rumliegen ... aber die USI-Diskussion will ich nicht eröffnen. Analytisch würde ich eher einige Mikrotech-Gefell, Schoeps oder dpa-Mikrofone nennen.

 

[m4d3raIn]

Also nasal klingt ein U 87 in meinen Ohren nicht. Stattdessen transparent. Ich habe hier eins rumliegen ... aber die USI-Diskussion will ich nicht eröffnen. Analytisch würde ich eher einige Mikrotech-Gefell, Schoeps oder dpa-Mikrofone nennen.

Bzgl. Analytischer Wirkung von Schoeps und dpa bin ich völlig bei dir (wobei selbst die gegen Sonodore und Josephson C617 färben).

Keine Sorge... habe auch schon U87er bei Aufnahmen gehabt, die dann aber wieder ganz schnell rausgeflogen sind
Funktionieren meiner Meinung nach nur bei flachen Sängern, die etwas Drive in den Hochmitten brauchen.

 

[Astronautenkost]

Wenn Du meinst

 

[verflixte13]

na prima! … dann sind wir uns ja mal wieder alle einig!

aber mal etwas ernsthafter …

"vielleicht" ist der begriff "analytisch" nicht richtig getroffen … gemeint habe ich damit -->

das Phanthera nimmt alles auf, von unten bis ganz GANZ oben und das klingt
in meinen ohren ziemlich hart/klar/höhenflirrend … einfach sehr "hyperreal" …
(es überträgt eben emotionslos alles, was sich im raum befindet.)

was meiner meinung nach oftmals bei diesem mic missverstanden wird,
das ist für mich die simple tatsache, dass es ein "spezialist" und kein "universal"-mic ist.
(deswegen empfinde ich die "Phanthera contra USI"- schiene auch etwas
aus der spur geraten …denn das U87er, das ist nach wie vor ein echtes universal-mikrofon.)

nochmals zur "neigung":

der TE führt besonders die "S-Laute" an, die ihm anscheinend zu schaffen machen
und hier kann man ja etwas dagegensteuern … aber ich vermute (vorsichtig:
eine reine unterstellung!) … dass es noch andere faktoren sind, die ihm probleme
mit diesem mic bereiten …

diese "S-laute" zu kritisieren, das war bei uns auch der beginn, dass wir uns
der grundsätzlichen frage genähert haben -->

"Ist das Phanthera denn eigentlich wirklich das richtige VOX-Mikrofon für uns?"

heute ist diese frage geklärt und das Phanthera ist und bleibt dennoch
ein phantastisches spezial-mic in unserem werkzeugkoffer … selbst wenn
es kaum mehr für vocals eingesetzt wird, so gibt es immer noch so viele
einsatzgebiete, die dieses mic aussergewöhnlich gut meistern kann. LG



p..s

Die Mikros mit einem Schaumstoffwindschutz in den Höhen zu bedämpfen, finde ich in der Preisklasse schon eher absurd.

hm … so absurd empfinde ich das gar nicht …

also, Lieber Herr Brauner … falls ich mir etwas wünschen könnte,
dann wäre es ein satz unterschiedlichster schaumstoffaufsätze,
die auf die unterschiedlichsten aufgabengebiete eingemessen wurden …

damit wäre der "spezialist" auch universeller einsetzbar.

man gönnt sich ja sonst nix

 

[Rolleum]

Gerade bei einem Brauner Mic mit offenen Höhen würde ich definitiv angewinkelt machen. Ich nehme Gesang immer so auf, obwohl ich andere GMs nutze (Gefell /AT) Wie stark machst DU den Winkel ? Ich lasse das Mic immer auf eines der Ohren des Sängers/ der Sängerin "schauen" , also so 15%-20% , und empfinde da kein Mangel an Direktheit, sondern absolut ein Zugewinn an Smoothness. Einen Deesser kann man sich dann meist sparen.

 

[Yoghurt]

Danke für eure Antworten so weit!

Ich probiere heute mal ein Bisschen rum. Werde bei stabiler Internetverbindung im Studio auch mal die unterschiedlichen Ergebnisse hochladen.

Ihr seid coole Personen übrigens. Geiles Forum.

 

[Rolleum]

PS: Den Ploppfilter allerdings dann gerade ausrichten, sonst ist der Sänger /Sprecher ggf. irritiert, wenn das Mic seitlich über sein Ohr schaut.