Alter Song, neue Melodie

[Raeumchen]

Hallo liebe Rechtsgelehrten,

eine Bekannte (Sängerin) hat vor vielen Jahren einen Song aufgenommen, an dem Sie die Textrechte hat. Ein Mitmusiker hatte damals die Gesangsmelodie komponiert. Beide sind bei der GEMA als Urheber in ihren jeweiligen Rollen (Komponist / Texterin) eingetragen.

Nun möchte sie das Stück neu einspielen (weil die Thematik einfach besser in unsere Zeit passt). Dazu habe ich eine neue Gesangsmelodie komponiert. Ich soll das ganze arrangieren, instrumentieren und zumindest mal demofähig vorbereiten.

Ähnliches wurde hier zwar schon besprochen, aber endgültig sicher bin ich mir trotzdem nicht: Durch eine neue Gesangsmelodie ist das doch ein komplett "neues" Stück, oder kann der Komponist der Alt-Version irgendwelche Ansprüche erheben?

LG R

 

[clearwater]

Also, nicht als Gelehrten Weisheit betrachten, meine aber da zu wissen, dass wenn ein vollkommen neues Stück entsteht, Du dann als rechtmäßiger Rechtsanspruch Besitzer giltst.

BG
CW

 

[Tom81]

Nun möchte sie das Stück neu einspielen (weil die Thematik einfach besser in unsere Zeit passt). Dazu habe ich eine neue Gesangsmelodie komponiert. Ich soll das ganze arrangieren, instrumentieren und zumindest mal demofähig vorbereiten.

Das ist 'ne interessante Frage! Von der Musik übernehmt ihr anscheinend nur die Akkordfolge, arrangiert aber komplett neu und erfindet eine neue Melodie. Das wäre unbedenklich, denn eine bloße Akkordfolge ist für sich nicht schützenswert.

Interessant wird es hier: Wenn ihr den Text 1:1 vom früheren Song übernehmt, könnte man den neuen Song als eine Coverversion des früheren betrachten. Und dann braucht ihr gerade deshalb die Genehmigung der Rechteinhaber, weil ihr den Song musikalisch verändert:

§23 UrhG: "Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen des Werkes dürfen nur mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten oder umgestalteten Werkes veröffentlicht oder verwertet werden."

 

[Raeumchen]

Vielen Dank zunächst für die Antworten.

Von der Musik übernehmt ihr anscheinend nur die Akkordfolge, arrangiert aber komplett neu und erfindet eine neue Melodie.

Etwas mehr. Die Akkordfolge im Intro (6 Takte mit insges. 4 verschiedenen Akkorden) sowie im Refrain (ähnlich aufgebaut wie das Intro) sollen bleiben wie im Original. Die Akkorde in den Strophen werden anders. Die Gesangsmelodie sowohl in den Strophen als auch im Refrain ist neu.

IWenn ihr den Text 1:1 vom früheren Song übernehmt, könnte man den neuen Song als eine Coverversion des früheren betrachten.

Das ist meine Befürchtung.

Ich sehe vom Kompositorischen (aber nicht im Musikstil) Parallelen zum Verhältnis von Kid Rocks "All Summer Long" zu Lynyrd Skynyrds "Sweet Home Alabama": Ist das ein Cover oder "zitiert" er da nur an ein paar Stellen den Originalsong?

Von der Textsituation hinkt dieses Beispiel, weil "unser" Text mit dem alten Song identisch ist. Aber diese Rechteinhaberin ist ja mit im Boot

Der Satz

§23 UrhG: "Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen des Werkes dürfen nur mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten oder umgestalteten Werkes veröffentlicht oder verwertet werden."

verwirrt mich in dieser Lage gänzlich.

Aber ganz so dramatisch ist es auch nicht: Die Schlagerdame ist eher weniger bekannt, ist hinsichtlich ihrer Auftritte und CD-Verkäufe in der Provinz erfrischend uneingebildet und mit dem Komponisten kommt man sicherlich auch klar. Die Frage ist nur, wie man in die Verhandlungen geht: "Ey, Du hast überhaupt kein Anrecht" oder "Wir zahlen Dich mit Summe x aus" Es ist eben auf einem Level, in dem man wegen des ungünstigen Kosten/Nutzen-Verhältnisses den Anwalt scheut.

LG R

 

[Rex]

Interessant wird es hier: Wenn ihr den Text 1:1 vom früheren Song übernehmt, könnte man den neuen Song als eine Coverversion des früheren betrachten. Und dann braucht ihr gerade deshalb die Genehmigung der Rechteinhaber, weil ihr den Song musikalisch verändert:

§23 UrhG: "Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen des Werkes dürfen nur mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten oder umgestalteten Werkes veröffentlicht oder verwertet werden."

Interessante Sichtweise.

Das würde ja bedeuten, wenn hier en Texter seinen Text zur (Mehrfach)-Vertonung reinstellt derjenige Komponist, welcher seine Vertonungsvariante zeitlich erst als zweiter Komponist reinstellt im Grunde rechtlich gekniffen ist, da er ja vom Erstkomponisten ein Erlaubnis bräuchte, da es ja im Grunde (nach obiiger Sichtweise) um eine Coverversion handelt.

Oder sehe ich das falsch?

 

[Mike3000]

Das würde ja bedeuten, wenn hier en Texter seinen Text zur (Mehrfach)-Vertonung reinstellt derjenige Komponist, welcher seine Vertonungsvariante zeitlich erst als zweiter Komponist reinstellt im Grunde rechtlich gekniffen ist, da er ja vom Erstkomponisten ein Erlaubnis bräuchte, da es ja im Grunde (nach obiiger Sichtweise) um eine Coverversion handelt.

Da sage ich NEIN.

In dem Moment wo ich als Texter mein Werk hier zu Vertonung freigebe, erkläre ich mich damit einverstanden, dass jeder seine Melodie dazu finden darf. Das ist dann eine stillschweigendes, konkludentes Einverständnis.

 

[Lagoona]

Hmhmm also eigentlich zählt das als Bearbeitung.... (gibts bei der GEMA auch extra ein Formular für) Bei der Coverversion wie auch bei der Bearbeitung (wenn der Text oder die Melodie verändert wird) ändert sich aber nichts an den Urhebern. Ich glaube da müsste beides Text wie auch Melodie gravierend verändert werden.... um dass das als neues Werk durchgehen würde..

Das gabs ja schon öfter, dass der Text beibehalten wurde.... aber ne andere Gesangsmelodie dazu komponiert wurde....

 

[Lagoona]

 

[Rex]

@Mike3000

In dem Moment wo ich als Texter mein Werk hier zu Vertonung freigebe, erkläre ich mich damit einverstanden, dass jeder seine Melodie dazu finden darf. Das ist dann eine stillschweigendes, konkludentes Einverständnis.

Mag wohl so sein.
Stimmt zumindest in punkto Texter. Aber gilt das dann auch für den Erstvertoner. Mein juristiches Laien-Bauchgefühl tendiert eher in die Richtung, das man im Fall der Fälle als Zweitvertoner rechtlich eher die Arschkarte in der Hand hat.

 

[waves]

Die Texterin kann als Urheberin selbst entscheiden, was sie mit ihrem Text macht. Dass vorher schon mal eine andere Komposition dazu gemacht wurde, spielt keine Rolle.

Wenn jetzt eine ('wirklich') neue Gesangsmelodie dazu geschaffen wird, entsteht ein neues Werk, dass dann auch neu bei der GEMA angemeldet werden könnte. Die alte Version hat hier keine besondere Bedeutung.

Ausnahme könnte sein, falls die Texterin an einen Verlag gebunden ist. Von einer Nutzung von Texten ist immer abzuraten, wenn keine ausdrückliche Genehmigung vom Texter vorliegt. Letzteres kann zu Schadenersatzansprüchen und ggf. zum Einstampfen der CDs/DVDs usw. führen...