Winterblume

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Zurück aus "meinem" Schloß entwich meiner Seele heute folgender Liedtext:

Ich lese in Gesichtern, hab mich längst daran gewöhnt
dass mein Eindruck starker Tobac ist - man lächelt oder stöhnt,
wenn ich komme, oder bleibe, oder gehe, wann ich will,
wird es kälter - oder wärmer. Manche weinen auch mal still.
Ein starker Typ zu sein, ist auf Dauer nicht gesund.
Alles Gute, alles Schöne - ist im Grunde auch nur Grund.

Grund zum Vorurteil
Zum Vorurteil
Grund zum Vorurteil
vom Vorurteil

Wenn der Regen der Erkenntnis lebenslänglich auf uns fällt,
rinnt die allerletzte Schminke langsam vom Gesicht der Welt.
Was übrig bleibt ist Feuer, Wasser, blaue Luft und Stein.
Und der rätselhafte Ruf in einem Lied der Einsamkeit:
"Wenn aus hartem Boden deine Winterblume kommt,
Herz... bleib still. Und stumm. Gib ihnen keinen Grund."

Grund zum Vorurteil
Zum Vorurteil
Grund zum Vorurteil
vom Vorurteil

Grund zum Vorurteil
Zum Vorurteil
Grund zum Vorurteil
vom Vorurteil
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe deinen Text jetzt zweimal gelesen und weiß weder nichts noch viel damit anzufangen ... evtl. etwas. Der Text wirkte auf mich zunächst intuitiv etwas alt. Vielleicht liegt das an Wendungen wie "starker Tobac" und/oder dem (für mich so empfundenen) Charakter eines Hannes-Wader-Textes. Diesen Eindruck fand ich nach dem zweiten Lesen dann aber irgendwie auch ein wenig gut.

Ich glaube mir fehlt bei deinem Text etwas Besonderes an dem ich hängen bleibe. Der Text ist recht gefällig und nett geschrieben, ohne (für mich) einen Höhepunkt, starke Bilder oder interessante Wendungen oä zu haben. Inhaltlich liegt er (für mich) im Nebel, obwohl ich kurz meine Scheinwerfer eingeschaltet und ein wenig rumgeleuchtet habe. Dann fehlte mir aber die Motivation in die Tiefe zu gehen, dass hat dein Text bei mir nicht geschafft. Die Grundatmosphäre finde ich aber ansprechend.

Zur Technik usw. kann ich nichts sagen und finde diesen Aspekt auch nicht so entscheidend, da ich ein eher intuitiver Leser und Texteschreiber bin.
Soviel von mir und meinem subjektiven Eindruck.
 
@artname

wie meistens -> schöne, starke sprachbilder!

nur mit einem satz, da komme ich nicht zurecht ->

"Ein starker Typ zu sein, ist auf Dauer nicht gesund."

begründung:
der protagonist hinterlegt auf eine sehr poetische art und weise sein Innenleben
und dann kommt so ein pubertär/infantiler/selbstgerechter satz …der all die poesie frisst
und sie zu einem gewöhnlichen furz macht …

„vielleicht“ war das ja auch deine intension? … aber, an dem punkt könnte ich dir
nicht folgen … LG
 
neu schrieb:
Inhaltlich liegt er (für mich) im Nebel, obwohl ich kurz meine Scheinwerfer eingeschaltet und ein wenig rumgeleuchtet habe. Dann fehlte mir aber die Motivation in die Tiefe zugehen,

Was zu beweisen war.

Edit: Und ehrlichen Dank für dein Feedback!!
lg



verflixte 13 schrieb:
Ein starker Typ zu sein, ist auf Dauer nicht gesund."

begründung:
der protagonist hinterlegt auf eine sehr poetische art und weise sein Innenleben
und dann kommt so ein pubertär/infantiler/selbstgerechter satz …der all die poesie frisst
und sie zu einem gewöhnlichen furz macht …

Darf ein Poet nicht stark sein? q.e.d.
 
Zuletzt bearbeitet:
@artname Du wolltest beweisen, dass die lesende Person beim Lesen deines Textes den Inhalt nicht sofort begreift und dein Text auch kaum Motivation versprüht den Inhalt verstehen zu wollen?
 
@artname Du wolltest beweisen, dass die lesende Person beim Lesen deines Textes den Inhalt nicht sofort begreift und dein Text auch kaum Motivation versprüht den Inhalt verstehen zu wollen?

Nein. :)
 
Darf ein Poet nicht stark sein? q.e.d.

... natürlich „darf“ er das! …
aber, „muss“ er das dann in solche worte fassen?

wäre es ein rap-text, dann würde ich mich über die „milde“ wundern,
denn da wird doch alles weg-ge-fuckt“, was zwischen dem „ich-macker“
und der welt steht.

aber, der protagonist deiner geschichte, der tickert für mich doch etwas anders …

er ist eben kein starker typ/macker, an dem alles abprallt, sondern, ein sensibles
individuum, das daran leidet, dass er keinen platz im „(all-)gemeinen“ findet.
und das ist es doch, das ihn zu dem gedanken führt -> dass es auf „dauer
nicht gesund ist.“ …

starke typen haben diese angst nicht! meistens, weil sie entweder viel zu „dämlich“ sind,
um solche gedanken/ängste an sich heranzulassen oder sie kompensieren
diese gedanken durch die eigene überhöhung im sinne von ->

ICH BIN EIN STARKER TYP! … und es ist EUER problem, wenn ihr
mit mir nicht zurechtkommt!

du merkst, dadurch bekommt der text für mich eine andere
inhaltliche wendung … und „falls“ der protagonist tatsächlich so
tickern würde, dann kann ich mich nicht mit ihm identifizieren …

anyway … wenn du der meinung bist, dass es so sein muss,
dann ist das eben so …

ich habe dir auch nur eine/meine meinung hinterlegt … da folgen
sicherlich noch andere … LG
 
... natürlich „darf“ er das! …
aber, „muss“ er das dann in solche worte fassen?

wäre es ein rap-text, dann würde ich mich über die „milde“ wundern,
denn da wird doch alles weg-ge-fuckt“, was zwischen dem „ich-macker“
und der welt steht.

aber, der protagonist deiner geschichte, der tickert für mich doch etwas anders …

er ist eben kein starker typ/macker, an dem alles abprallt, sondern, ein sensibles
individuum, das daran leidet, dass er keinen platz im „(all-)gemeinen“ findet.
und das ist es doch, das ihn zu dem gedanken führt -> dass es auf „dauer
nicht gesund ist.“ …

starke typen haben diese angst nicht! meistens, weil sie entweder viel zu „dämlich“ sind,
um solche gedanken/ängste an sich heranzulassen oder sie kompensieren
diese gedanken durch die eigene überhöhung im sinne von ->

ICH BIN EIN STARKER TYP! … und es ist EUER problem, wenn ihr
mit mir nicht zurechtkommt!

du merkst, dadurch bekommt der text für mich eine andere
inhaltliche wendung … und „falls“ der protagonist tatsächlich so
tickern würde, dann kann ich mich nicht mit ihm identifizieren …

anyway … wenn du der meinung bist, dass es so sein muss,
dann ist das eben so …

ich habe dir auch nur eine/meine meinung hinterlegt … da folgen
sicherlich noch andere … LG

Wenn DIESES LI meint: "Ein starker Typ zu sein, ist auf Dauer nicht gesund" - dann ist das gesagt! - Und die Antworten haben meist nur noch wenig mit dem LI zu tun... Behauptet dieses LI. Und denkt sich Autor. Oder umgekehrt ;-) - So leid mir das tut. Ich werde mir deine Bedenken aber merken. Denn ich kann sie gut nachvollziehen.

Ich stell mir den Text in einem Konzert vor. Vielleicht kommt vorher ein Song, wo der Interpret unter starken Selbstzweifeln leidet. Dann wäre für mich die Härte dieses Text ein erster, natürlicher Schritt, den Kummer zu überwinden. Ich habe als Autor kein klares Bild von der Wahrheit. Nur ein unwillkürliches Panoptikum von Bildern.

Oder noch anders gesagt: Wenn das Leben ein Fluß ist, dann seh ich meine Songtexte als Schnappschüsse. Von der Flußphase, in die man bekanntlich nie zweimal treten kann. Dieser Text ist ein Standbild unter vielen.

liebe Grüße :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Für mich ein Text, der zum Noch-Einmal-Lesen einlädt. Und nochmal. Und nochmal. Bei jedem Durchgang scheint eine neue, tiefere Interpretationsebene auf, bis ich schließlich ganz unten, im Kern der Blumenzwiebel, angekommen bin.
Bei mir sah die Reise ungefähr so aus:
1. Mei, wie arrogant, das LI. Wenn es so an der bösen, harten Welt leidet, dann darf es sich halt nicht mit "Banausen" abgeben. Wer hat hier das Vorurteil??
2. Hm. Irgendwie ja auch nicht leicht, für andere ein "Demaskierer" zu sein. Überbringer von schmerzhaften Wahrheiten brauchen ein dickes Fell - und haben nicht oft Gelegenheit, unter Kollegen zu sein. Schön eingefangen, diese Einsamkeit.
3. "Weidende Kühe zertreten zarte Frühblüher" - über dieses Drama wird nie eine Zeitung berichten, auch wenn es jedes Jahr wieder passiert. Was tut die Blume? Sie IST. Immer wieder. Ohne mit ihrem zarten Stimmchen zu brüllen: Hier bin ich, ihr Quarkbeutel, versucht's doch... versuuuuucht's dooooch!! ;)

Danke, @artname.
 
Wow! Hab mit viel Vergnügen gelesen, wie deine Gedanken stille Post spielten. - Gottseidank am Ende auf die Kuh und nicht auf den Hund kommend. ;-)
textaffin schrieb:
Was tut die Blume? Sie IST. Immer wieder. Ohne mit ihrem zarten Stimmchen zu brüllen: Hier bin ich, ihr Quarkbeutel, versucht's doch... versuuuuucht's dooooch!! ;)

Witzig. Besonders die Quarkbeutel! Tja, was soll Blume sonst sagen? :D

Danke für dein Feedback.
 
Zuletzt bearbeitet:
Für mich ein Text, der zum Noch-Einmal-Lesen einlädt. Und nochmal. Und nochmal. Bei jedem Durchgang scheint eine neue, tiefere Interpretationsebene auf,

Geht mir ebenso, wobei ich für mich noch keinen Boden entdeckt habe. Manchmal geht es halt so, man liest einen Text, ein Buch, ein Gedicht, und denkt sich: Klasse. Aber man hat keine Ahnung worum es geht. Es wird halt eine Saite angeschlagen, und diese schwingt, aber es ertönt kein Lied. Verstehste? :-D
 
Holgi, danke für dein feedback. :) Der Boden besteht im Grunde aus den eigenen Emotionen beim Lesen des Textes. Aus den eigenen positiven und negativen Bildern und Vorurteilen.

Schreibanlass: Ich las auf SPON einen Artikel über Leon Messis neueste Steuerbetrugsaffäre. Es ging um Freundschaftsspiele, deren Gewinn angeblich hungernden Kindern zu Gute kommen sollten. Obwohl (oder weil) 6 Autoren genannt waren, war der Artikel völlig verworren geschrieben. Ich mußte ihn mir kopieren und die Fakten mühsam hin und her schieben, bis ich langsam ahnte, worin dieser Betrug bestehen.... könnte.

in den Kommentaren schrieb ein einziger Leser mit klaren Worten, dass er die Fakten des Beitrages ebenfalls beim besten Willen nicht zu einem schlüssigen Bild zusammen fügen kann.

Dutzenden andere Kommentatoren jedoch ließen einfach nur ihren Vorurteilen freien Lauf. Über die wahnsinnigen Einkommen der Fußballstars (die immArtikel gar nicht erwähnt wurden), den korrupten spanischen Staat (der erst recht nicht), den Futterneid der Leute (der stimmt allerdings immer); über Barca (obwohl es in dem Betrag um wechselnde Weltauswahlen ging), warum es Steueroasen gibt und dass man die mit Bomben zur Ordnung rufen muß und und und...! Je mehr Leute schrieben, umso krasser der Tonfall.

Und da wurde mir klar, dass wir heutzutage keine Fakten mehr brauchen, um einen Krieg anzuzetteln oder ihn zu dulden. Wir stecken voller verwirrender Eindrücke, die raus müssen. Damit wir uns wieder etwas stabiler fühlen können. Wir lesen einige zusammenhanglose Fakten und ballern sofort drauf los! Trump läßt grüßen.

Aber ich will niemand verurteilen. Jeder sitzt im Glaskasten. Diese postfaktuelle Welt macht mir nur Angst.

Warum soll ich das in klareren Worten sagen? Stehen wir etwa nicht im Nebel? Geballert wird eh! - So entstand zwischen den Weltkriegen vermutlich die Stilistik der Expressionisten: kryptisch, verzweifelt, arrogant, selbstironisch, aggressiv...

Und deshalb schreibe ich vermutlich so. Das ist mein Stil .... geworden. ich war und bin auf Reaktionen gespannt. Als Autor so offen, wie es mir nur möglich ist. Auch für Änderungen ;-)

lg
 
Zuletzt bearbeitet:
Die erste Strophe lese ich so:

alles kann alles sein.

Wirklich faszinieren tut mich diese eine Zeile

Wenn der Regen der Erkenntnis lebenslänglich auf uns fällt

Das Wort lebenslänglich deutet für mich auf eine Strafe hin. Man kann mit einer Erkenntnis für sein Leben lang "gestraft" sein - die Erkenntnis als Gegenteil der (positiven) Offenbarung. Ich denke, dass viel Wahres in dieser Zeile steckt.
 
Ja, lieber Turquoise, diese Interpretation kommt meinen Intentionen ganz nah! Danke.

turquoise schrieb:
alles kann alles sein

Ich beschäftige mich in den letzten Wochen mit "Kontingenz". Grob gesagt bedeutet das: Alles ist zufällig und kann deshalb von jedem anders gedeutet werden. in diesem Zusammenhang bin ich sehr vorsichtig geworden, wann und ob ich schlüssig schreibe. Vieles ist wie dunkle Energie und Materie - wir wissen, dass sie existiert - können sie aber nur theoretisch begründen. Oder wie du es vielleicht ausdrücken würdest: Vieles ist ultraviolettes Licht. ;-)

Turquoise schrieb:
Das Wort lebenslänglich deutet für mich auf eine Strafe hin. Man kann mit einer Erkenntnis für sein Leben lang "gestraft" sein - die Erkenntnis als Gegenteil der (positiven) Offenbarung. Ich denke, dass viel Wahres in dieser Zeile steckt.

Ja, der Gedanke steckt da auch drin. Ich bevorzuge die Deutung, dass am Ende des Lebens das ureigene Schicksal eine immer größere Bedeutung erhält....;-)
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja, der Gedanke steckt da auch drin. Ich bevorzuge die Deutung, dass es am Ende des Lebens das ureigene Schicksal eine immer größere Bedeutung erhält....;-)

Mir gefällt dahin gehend folgende Beschreibung aus dem Totenbuch der alten Ägypter: Als Toter steht man vor einer Art des jüngsten Gerichtes, eine Waage ist da, auf einer Seite der Waage liegt eine Feder in der Schale, auf die andere Seite wird das Herz des Toten gelegt, nur dann wenn das Herz nicht schwerer wiegt als eine Feder bekommt er Einlass ins Reich der Toten.
 
Wow holgi, dieser Gedanke bewegt mich. Uff! - Mit leichtem Herz die Welt verlassen... am Ende vielleicht die Kraft einer Winterblume bestaunen...;-)

Danke für diesen Beitrag :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Wow holgi, dieser Gedanke bewegt mich. Uff! - Mit leichtem Herz die Welt verlassen... am Ende vielleicht die Kraft einer Winterblume bestaunen...

Danke für diesen Beitrag :)
Oh, ich höre, da ist die Idee für einen neuen Text geboren ...
 
Naja... oder unter meinem Text steht einfach ein wunderbarer Kommentar :D - Nein, du hast natürlich Recht. Aus dieser Idee könnte man sicher einen tollen Text entwickeln... ;-)
 
nur dann wenn das Herz nicht schwerer wiegt als eine Feder bekommt er Einlass ins Reich der Toten.
Anscheinend so eine Art Zuwanderungsregelung. Fragt sich, ob man mit Organspenderausweis seine Chancen erhöht oder eben nicht;-)
 
Mir gefällt der Flow der langen Wortketten...

Viele Grüße, m
 

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