Die ganze Veranstaltung fühlt sich eher wie ein Infomercial für seine Musik, die Filme und seine Sound-Produkte, als wie eine "Masterclass" an. Statt hilfreicher Tipps erwarten einen Plattitüden wie: "If you think, that pushing a piano from the rooftop is the sound your score needs, go ahead and do it!".
Hatte das so erwartet... Danke für das Review.
Aber - vielleicht ist Hans gar nicht so viel anzulasten dabei. Bei den Talks von Filmkomponisten und anderen Komponisten, die ich bisher bei Youtube gesehen habe, kam kaum mal etwas rum, was über sehr Allgemeines hinausging. (Damit sind nicht Songwriter und Trackbastler klassischer Popsong- oder Clubtrack-Arrangements gemeint.)
Wie wäre mal ein Thread, in dem jeder zu einem Youtube-Talk, den er gerade gesehen hat, schreibt, was er für sich daraus rausgezogen hat?
Die Erklärung dafür könnte sein, dass die "Meister" ihr eigenes Tun nicht strukturiert vor Augen haben, weil es die Summe der unstrukturiert angesammelten Faktoren aus Abertausenden Stunden der Konzentration und Versenkung ist, in denen sich Handwerk und Intuition verfeinert haben. Diese Faktoren wirken im Unbewussten zusammen und können vom Bewusstsein kaum auseinanderklabustert werden.
Es gibt da dieses Buch "String Theory" von David Foster Wallace, dem postmodernen Autorenstar, der einst im Profitennis unterwegs war (und seinem Leben schließlich ein Ende bereitete). Er erklärt da, warum Tennis- und allgemein Sportstars sich nur banal über ihr zum Kunstwerk gebrachtes Spiel äußern (können) und es nur ansatzweise von außen, aber nicht von den Spielenden selber analysiert werden kann. Weil mit leerem Kopf, d.h. ohne bewusst gesteuertes Nachdenken die im Unterbewusstsein abgespeicherten Faktoren aus Intuition und Erfahrung ungestört zusammenwirken können.
"Blindness and dumbness are not the price of the gift, they are its essence."
Wer von außen analytisch draufschaut, kann sich daher besser dazu äußern als der Erschaffer selbst. Es liegt alles offen, es ist nur eine Frage der Übung und Erfahrung, zu durchschauen, was in der Musik anderer wie funktioniert.
Why, Wallace wants to know, are top athletes so uniformly unenlightening about their achievements, when they are the only people who actually know what it feels like to be so mind-bogglingly good? Wallace answers his own question ... by introducing a typically ingenious paradox: it “may well be”, he says, that only those who aren’t divinely gifted as athletes (i.e. spectators) are capable of seeing and articulating sporting genius, while those who actually “receive and act out the gift” must necessarily be “blind and dumb about it – and not because blindness and dumbness are the price of the gift, but because they are its essence”.
www.theguardian.com/books/2016/jun/24/string-theory-david-foster-wallace-tennis-review
Das ist übrigens auch der Nachteil des Auf-den-Bildschirm-guckens beim Musikmachen. Der Geist wird da festgehalten in einer Feedbackschleife der Verarbeitung grafischer Information, die die Augen beständig liefern. Der Geist wird da ständig beschäftigt mit der Vergegenwärtigung dessen, was schon da ist, und hat dadurch weniger Kapazität für freie Assoziation und Intuition für das, was noch zu schaffen als ist - weswegen gute Ideen gern mal in Pausen bzw. "auf dem Klo" kommen, wenn der Geist endlich befreit ist von der grafischen Feedbackschleife.
PS: Dilettanten haben trotzdem keinen Grund, nun über ihre Blindness und Dumbness zu jubeln, denn die wirken zum Guten erst auf der Grundlage ausprägten musikalischen Gespürs und schierem verfeinerndem Einsatz. So ist das mit den Paradoxien.